Die bei einer Chemotherapie verabreichten Medikamente ("Zytostatika") wirken auf alle Zellen des Körpers wachstumshemmend. Besonders betroffen sind schnell wachsende Zellen wie Krebszellen – aber auch gesunde Zellen wie etwa Haarfollikel.

"Je nach Art der Chemotherapie führt dies oft zu Haarausfall. Bei einer Chemotherapie zur Behandlung von Patientinnen von Brustkrebs war der komplette Haarverlust bis vor kurzem sogar unvermeidbar", erklärt Leopold Öhler, Leiter der Onkologie im Wiener St. Josef-Krankenhaus.

Für die Betroffenen ist dies sehr belastend. "Oft ist es erst der Verlust des Haares, der die Krebserkrankung sichtbar macht", sagt Ulrich Schmidbauer, Leiter des Brustgesundheitszentrums im St. Josef-Krankenhaus. Dies raube vielen Betroffenen das Selbstwertgefühl, das sie für den Kampf gegen den Krebs dringend brauchen würden.

Kühlung der Kopfhaut reduziert Haarausfall

Um Chemotherapie-bedingtem Haarausfall vorzubeugen, wird im St. Josef-Krankenhaus derzeit ein neues Verfahren getestet. Das Prinzip ist leicht erklärt: Die Kopfhaut wird vor, während und nach der Verabreichung der Chemotherapie gekühlt. Dadurch verengen sich die Blutgefäße lokal in der Kopfhaut, und die Haarwurzeln werden vor den zugeführten Medikamenten geschützt.

Die Kühlung erfolgt über eine weiche, eng anliegende Kühlkappe, durch die ein spezielles Kühlmittel zirkuliert. Die Temperatur an der Kopfhaut wird auf vier bis sechs Grad abgekühlt, was zu einem Kältegefühl oder einem Druckgefühl im Kopf führen kann. "Die meisten Patientinnen berichten mir aber, dass dies gut zu ertragen ist", erklärt Schmidbauer.

Positive Rückmeldungen

Bislang wurde das Verfahren vor allem in Skandinavien, in den Niederlanden, Großbritannien und Japan eingesetzt. In Österreich ist das St. Josef-Krankenhaus eines der ersten Häuser, das spezielle Kühlhauben ausprobiert. Das Verfahren eignet sich vor allem bei bösartigen, soliden Tumoren wie beispielsweise Brust- oder Darmkrebs, also genau jenen Krebserkrankungen, auf die sich das St. Josef-Krankenhaus spezialisiert hat.

Derzeit wird das System bei elf ausgewählten Brustkrebspatientinnen angewendet, die Rückmeldungen sind größtenteils positiv. "Auch wenn die Haare zum Teil trotzdem ausgehen: Man wird nicht völlig kahl und fühlt sich eine Spur weniger krank. Es macht vor allem einen psychologischen Unterschied", berichtet eine der ersten Patientinnen, bei denen das System angewendet wurde.

"Wir haben die Erfahrung gemacht, dass begleitende Maßnahmen die Lebensqualität unserer Patientinnen und Patienten deutlich verbessern können. Dadurch lassen sich die zum Teil großen Herausforderungen, die eine auf Heilung abzielende Chemotherapie mit sich bringt, gemeinsam mit den Betroffenen besser bewältigen", sagt Öhler.

Er zeichnet als Leiter der Onkologie für die Chemotherapie verantwortlich. "Gelingt es uns, eine wesentliche Begleiterscheinung wie den kompletten Haarausfall zu vermeiden, ist vielen Betroffenen sehr geholfen." (red, 7.10.2015)