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Viele Winzer haben aufgrund des heißen Sommers früher gelesen.

Foto: EPA / Zurab Kurtsikidze

Will man Winzer quälen, fragt man sie schon im Sommer: Und wie wird denn der Wein heuer? Vielleicht erkundigt man sich aber auch nur aus purer Höflichkeit nach dem heurigen Wein. Sachdienliche Hinweise wird man so vermutlich nicht erhalten. Meist retten sie sich mit vagen Andeutungen aus der Bredouille: "Es gibt durchaus Potenzial" oder "Noch ist alles drin".

Rechtzeitig zur Lese wird man dann ohnehin von offizieller Stelle informiert. Auch heuer gab der Weinbaupräsident seine überaus aufschlussreiche Expertise ab: "Der Jahrgang 2015 könnte qualitativ gut werden!" Wer hätte das gedacht. Dem folgt ein detailreicher meteorologischer Rapport, der zusammengefasst lautet: Der Sommer war affenheiß. Das dürften auch die Reben so empfunden haben. Der Präsident prophezeit daher "vollreife Weine". Eine gefährliche Drohung: Stehen uns heuer lauter alkohollastige Berserker ins Haus? Nicht unbedingt. Viele Winzer haben rechtzeitig Maßnahmen getroffen oder früher gelesen.

Manche wählten den einfacheren Weg: Sie setzten dem Most Säure zu – so erscheinen schwerfällige Weine leichter. In heißen Jahren ist das erlaubt. Wer zu viel Säure erwischt, braucht sich auch keine grauen Haare wachsen lassen: er darf den fertigen Wein mit Zucker anreichern. Man muss sich nur zu helfen wissen – dann hat jedes Jahr Potenzial. (Christina Fieber, RONDO, 13.10.2015)