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Wiedergewählt, und wieder dieselben Probleme: Griechenlands Premier Alexis Tsipras muss Finanzlöcher stopfen.

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Athen/Wien – A bissl was geht immer, denkt sich Alexis Tsipras und versucht Korrekturen am neuen Sparkorsett, das ihm Griechenlands Gläubiger auferlegt haben. Die bereits eingeplante Mehrwertsteuererhöhung für Privatschulen will der linke griechische Regierungschef nun lieber aussetzen. Die Kirche hat protestiert, aber auch Eltern und Lehrer an Griechenlands knapp 240 Privatschulen. Doch als Erfüllungspolitiker will Tsipras diese Woche nicht ins Parlament gehen. Montagabend gab er seine Regierungserklärung ab, am Mittwoch um Mitternacht erfolgt die Vertrauensabstimmung für das zweite Kabinett Tsipras.

350 Millionen Euro müsste die Links-rechts-Koalition in Athen wieder auftreiben, sollte sie auf die höheren Steuereinnahmen an den Privatschulen im nächsten Jahr verzichten. Ein Viertel der 85.000 Schüler und Studenten könnte den privaten Sektor verlassen, weil sich die Eltern das höhere Schuldgeld nicht leisten können oder wollen. Es würde mehr arbeitslose Lehrer bedeuten und größeren Bedarf an Lehrkräften an öffentlichen Schulen, wofür wiederum auch kein Geld da ist. Wie ihre Vorgängerinnen ist auch die von der linksgerichteten Syriza geführte griechische Regierung nun unentwegt mit dem Stopfen von Finanzlöchern beschäftigt.

Zeit gewonnen

Drei Jahre Zeit haben sich Tsipras und seine Gefolgsleute immerhin mit dem neuen Rettungskredit erkauft. Bis August 2018 ist der Staat im Prinzip finanziert – sofern sich die Regierung an die Vorgaben hält. Er wolle die Zeit nutzen, um Griechenland tiefgehend zu ändern, hatte Tsipras am Wochenende seinen Parteileuten angekündigt.

48 "Meilensteine", wie es im Jargon der Gläubiger heißt, muss Griechenland für die Auszahlung der ersten Teilrate des Kredits bewältigen; es geht um zwei Milliarden Euro, die wiederum nur ein Teil der ersten Rate von drei Milliarden Euro sind.

"Unumkehrbare Schritte"

Als "Meilensteine" werden Spar- und Reformmaßnahmen bezeichnet: Sie reichen von Bestimmungen zur Rückforderung von Behandlungskosten, die Kliniken der Krankenkasse in Rechnung stellen, über einen Kostenplan zur Bewerbung elektronischer Zahlungsmittel (Frist: 15. Oktober) oder "unumkehrbare Schritte für den Verkauf der Regionalflughäfen". Einen Teil dieser Meilensteine hat die griechische Regierung in Form von Eilgesetzen im Juli und August bewältigt, einen anderen wegen der Parlamentsneuwahlen im September liegen gelassen.

Die Finanzminister der Eurozone begutachteten bei ihrem Treffen in Luxemburg am Montag die Liste der 48 Forderungen an Griechenland. Man werde der Regierung auf den Zahn fühlen, ließ Frankreichs Finanzminister Michel Sapin wissen. Es war die erste Eurorunde nach der Wiederwahl von Tsipras und Syriza.

Der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos sollte am selben Tag dem Parlament seinen Haushaltsentwurf für 2016 zukommen lassen. Die endgültige Fassung soll erst im November stehen – nach der ersten Überprüfung durch die Gläubiger.

Hoffnung auf Spielraum

Auf knapp 48 Milliarden Euro wird bisher Griechenlands Finanzierungsbedarf von August bis Dezember dieses Jahres geschätzt. 1,2 Milliarden Euro sollen durch Privatisierungen erwirtschaftet werden, den Rest deckt der neue Kredit. Als Budgetziel war für dieses Jahr ein Defizit von 0,25 Prozent der Wirtschaftsleistung vereinbart worden, den Schuldendienst nicht eingerechnet; für 2016 soll ein Primärüberschuss von 0,5 Prozent gelten. Athen hofft auf etwas mehr Spielraum durch eine günstigere Zahl bei der Rezession in diesem Jahr. Noch geht man von einem Minus von 2,3 Prozent aus. (Markus Bernath, 5.10.2015)