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95 Prozent der Gläubiger unterstützen die Restrukturierung, sagt American Apparel.

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Der umstrittene Firmengründer Dov Charney auf einem Archivbild aus dem Jahr 2009.

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New York – Cool und nachhaltig, das wollte die US-Modekette American Apparel immer sein. Doch seit Jahren plagt sich das einstige Liebkind junger Konsumenten mit sinkenden Umsätzen und dem zweifelhaften Image des Firmengründers. Im vergangenen Jahr wurde Dov Charney hinausgeworfen. Berichten zufolge soll er nicht nur immer wieder in Unterhosen durch die Fabriken gegangen sein, er wurde auch vom mehreren Mitarbeitern der sexuellen Belästigung beschuldigt. Am Montag beantragte American Apparel nun Gläubigerschutz und plant eine Restrukturierung, um so einer Pleite zu entgehen.

Dabei war die Geschichte des Unternehmens anfangs durchaus eine Erfolgsstory. Charney eröffnete sein erstes Geschäft im Jahr 2003. Schon einige Jahre zuvor hatte er begonnen, T-Shirts in seiner Fabrik in Los Angeles zu produzieren. "Designed, cut and sewn in the US", also entworfen, zugeschnitten und genäht in den USA – damit setzte sich das Unternehmen von der Konkurrenz ab. Und traf auch direkt ins Herz der auf Nachhaltigkeit bedachten Klientel, die nicht mehr in Billiglohnländern zu miserablen Bedingungen gefertigtes Gewand kaufen wollte. Charney produzierte nicht nur den USA, er bezahlte seine Fabriksmitarbeiter auch über dem Mindestlohn.

Wachstum und Skandale

Das Unternehmen wuchs. Wurden erst nur T-Shirts und Unterwäsche verkauft, verbreiterte sich das Sortiment in den folgenden Jahren. 2004 wurde Charney in Los Angeles zum Unternehmer des Jahres gekürt, 2006 folgte der Börsengang. Internationale Aufmerksamkeit erhielt American Apparel aber nicht nur wegen des rasanten Aufstiegs zur bekannten und belieben Modemarke, sondern auch wegen der Skandale des Firmengründers und Alleinherrschers. Eine Ansammlung rassistischer und sexistischer Ausfälle werden dem Chef, der sich selbst "Bad Daddy" genannt haben soll, zugeschrieben.

Charney wurde in folgenden Jahren von mehreren Mitarbeiterinnen beschuldigt, sie sexuell belästigt zu haben. Die provokante, stark sexualisierte Werbeschiene des Labels gefiel auch nicht jedem. Vor allem Frauen in expliziten Posen mit dementsprechenden Werbeslogans wurden zum Aushängeschild der Marke. Was anfangs noch wild und lässig war, wurde langsam zu einem Problem. Im Jahr 2009 musste American Apparel dem Regisseur Woody Allen fünf Millionen Dollar Schadenersatz zahlen. Das Unternehmen hatte einen Ausschnitt aus dem Film "Annie Hall" zur Werbung genutzt. Probleme gab es auch mit illegaler Beschäftigung. 1.500 Arbeiter mussten gekündigt werden, weil die nötigen Papiere fehlten.

Rausschmiss des Firmengründers

Letztendlich wurde Charney 2014 hinausgeworfen. Seither kämpft er mit allen Mitteln um sein Erbe. Mit dem neuen Management läuft eine gerichtliche Schlammschlacht, Charney fordert mehr als 40 Millionen Dollar (36 Millionen Euro) Entschädigung. Daraufhin veröffentlichte American Apparel Auszüge aus einem Fundus an kompromittierenden Fotos, Mails und Videos, die auf den Servern des Unternehmens gespeichert sein sollen.

Das alles hinterließ auch Spuren in den Bilanzen. Die Verkäufe gehen seit fünf Jahren zurück. Im letzten Quartal dieses Jahres stieg der Verlust im Jahresvergleich von 16,2 Millionen auf 19,4 Millionen Dollar. Noch Anfang Juni hatte American Apparel angekündigt, Filialen zu schließen und Personal abbauen zu wollen. Mitte August wurde aus Börsendokumenten bekannt, dass Liquiditätsengpässe drohen. Der Aktienkurs war um mehr als 30 Prozent abgestürzt.

Mit dem Antrag auf Gläubigerschutz will das Unternehmen nun "ein stärkeres, dynamischeres Unternehmen" werden, sagt die derzeitige Chefin Paula Schneider. 95 Prozent der Gläubiger hätten schon zugestimmt, ihre Forderungen zu reduzieren und dafür Anteile am Unternehmen zu erhalten. Dann müssen nur noch die Kunden wieder vermehrt in den Läden einkaufen wollen. (Daniela Rom, 5.10.2015)