Es war nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Ingenieure bei VW "singen". Warum auch sollten sie allein den Kopf hinhalten für etwas, das im Olymp des Volkswagenkonzerns, wenn schon nicht angeordnet, so doch geduldet wurde. Wobei, es ist kaum vorstellbar, dass in einem derart straff geführten Konzern jemand wie der Entwicklungschef vom kreativen Softwareeinsatz nichts mitgekriegt haben sollte. VW-Chef Martin Winterkorn kümmerte sich sonst auch um Details und kanzelte Mitarbeiter öffentlich ab, weil in einem von ihm getesteten Konkurrenzauto "nichts schepperte", in Volkswägen aber schon.

Wenn in Wolfsburg in diesen Tagen immer nur zugegeben wird, was nicht mehr zu leugnen ist, dann ist auch das Konzernstrategie. Den Rest erledigt ein Noch-nicht-Aufsichtsratschef, der die möglichen Auswirkungen der VW-Abgasaffäre auf Bonität und Absatz der Weltauto-AG "existenzbedrohend" nennt. Die Familien Porsche und Piëch wären gut beraten, ihre Wahl für den obersten VW-Aufpasser nicht per Gerichtsbeschluss (ohne Hauptversammlung) durchzudrücken, sondern ihre Aktionäre umfassend zu informieren – auch wenn im November ein Endbericht noch nicht vorliegt. Ein Aufräumer muss her, kein Ja-Sager.

VW wird diese Krise wohl überleben – aber nicht, weil alle im Konzern gegen den Außenfeind zusammenhalten, sondern weil Autokäufern auch künftig egal sein wird, wie viel Ruß ihr VW oder Audi durch den Auspuff hinausbläst. (Luise Ungerboeck, 4.10.2015)