Nizza – Mindestens 19 Menschen sind bei schweren Überschwemmungen an der französischen Côte d'Azur ums Leben gekommen. Weitere drei Menschen würden noch vermisst, teilten die Behörden am Sonntag mit. Nach heftigen Regenfällen wurden am Samstag die Straßen von Küstenstädten wie Nizza, Cannes und Antibes überflutet.

Mindestens neun Menschen starben in Mandelieu-la-Napoule beim Versuch, ihre Autos aus Tiefgaragen in Sicherheit zu bringen.

Innerhalb von zwei Tagen fiel so viel Regen wie sonst im ganzen Monat Oktober. Der Niederschlag sei "sehr heftig und konzentriert" gewesen, sagte der Präfekt des Département Alpes-Maritimes, Adolphe Colrat, während am Sonntag der Himmel wieder blau war. Der kleine Fluss Brague trat über die Ufer, in mehreren Orten wurde die Erdgeschoße der Häuser überflutet. Der französische Präsident Francois Hollande versicherte bei einem Besuch vor Ort den Betroffenen "die Solidarität der Nation". Er kündigte schnelle finanzielle Hilfe für Region und Betroffene an. Auch der französische Versicherungsverband Afa sicherte angesichts der Schäden an Gebäuden und in Wohnungen eine rasche Regulierung zu.

"Es ist apokalyptisch"

Drei betagte Menschen starben nach Angaben der Feuerwehr, als eine Hochwasserwelle am Samstagabend ein Altersheim in Biot nahe Antibes überschwemmte. Drei Menschen starben in ihrem Auto in Golfe-Juan bei der Durchquerung eines überfluteten Tunnels. In Mandelieu-la-Napoule wurden neun Tote aus zwei überschwemmten Tiefgaragen geborgen, ein Mensch wurde dort noch vermisst. Die Anrainer hatten offenbar versucht, ihre Autos vor dem Wasser zu retten.

"Es ist apokalyptisch", sagte der Bürgermeister Henri Leroy. "Der Parkplatz war halb leer, doch sind dort tausende Fahrzeuge. Es könnte noch weitere Tote geben." Feuerwehrautos pumpten weiter Wasser aus der Tiefgarage. "Ich sah Wasser von der Veranda hereinspülen. Binnen fünf Minuten reichte es mir bis zu Hüfte. Die Türen klemmten, aber glücklicherweise kam mir ein Nachbar zu Hilfe", sagte die Pensionistin France Oberlin, deren Wohnung völlig verwüstet worden war.

Notunterkünfte eingerichtet

In einer überfluteten Straße in Cannes starben zwei Menschen, mehrere Autos wurden bis ins Meer geschwemmt. Ein Mensch kam auf einem Campingplatz in Antibes ums Leben, Helikopter mussten andere Camper von den Dächern ihrer Wohnmobile retten. Umgestürzte Bäume und Schlammlawinen behinderten den Zugang zu den betroffenen Gebieten, auch gelangten die Rettungskräfte noch nicht in alle Tiefgaragen, sodass die Opferzahl noch steigen könnte.

Die Behörden richteten Notunterkünfte für jene Menschen ein, deren Häuser durch die Fluten zerstört worden waren. Rund 27.000 Haushalte waren am Sonntag in der Region weiterhin ohne Strom, allein 14.000 in Cannes. Eine Autobahn wurde gesperrt. Die französische Eisenbahngesellschaft SNCF wollte zunächst den Pendlerverkehr in Städten wie Nizza und Cannes wieder einrichten. Am Sonntag saßen hunderte Reisende nach Angaben eines Bahnsprechers in Toulon, Nizza und Cannes fest. Auch am Flughafen von Nizza strandeten mehr als 500 Fluggäste. In rund 20 Schulen fiel der Unterricht nach Angaben von Präfektur und Stadtverwaltungen aus.

Der Bürgermeister von Cannes, David Lisnard, berichtete von zahlreichen Rettungseinsätzen. In Nizza stürzten Bäume auf die berühmte Promenade des Anglais, eine Schlammlawine beschädigte ein Gebäude im Nordosten der Stadt. Das Unwetter war aber nicht so schlimm wie im Juni 2010, als an der Côte d'Azur 25 Menschen ums Leben kamen und in der bei Touristen beliebten Küstenregion Schäden von knapp einer Milliarde Euro entstanden waren. (APA, 4.10.2015)