Wien – Der Rechnungshof (RH) kritisiert in einem am Freitag veröffentlichten Bericht Finanzspekulationen der in den 1950er Jahren von der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) initiierten Österreichischen Studentenförderungsstiftung. Unter anderem hätten die Kontrollmechanismen versagt. Auch bei der Vergabe von Heimplätzen durch die Stiftung ortet der Rechnungshof Mängel.

Die 1959 vom damaligen Zentralausschuss der ÖH gewidmete Studentenförderungsstiftung soll für bedürftige Studenten Wohnraum bereitstellen und verwalten sowie Stipendien und sonstige Unterstützungen gewähren. Unter dem Markennamen "home4students" unterhält sie heute Studentenheime in Österreich mit Häusern in Wien, Innsbruck, Salzburg, Graz und Klagenfurt.

Keine aktuellen Mehrheitsverhältnisse

Zur Kontrolle der Geschäftsführung wurde ein 15-köpfiges Kuratorium eingerichtet, von dem die Mehrheit (acht Personen) von Studentenvertretern gestellt wird – allerdings nicht anhand der aktuellen Mehrheitsverhältnisse in der ÖH, sondern anhand der Sitzverteilung im Jahr der Gründung: Vier Mitglieder stellt daher die VP-nahe AktionsGemeinschaft (AG; als Nachfolgerin des damaligen "Wahlblocks"), zwei der Ring Freiheitlicher Studenten und eines der Verband Sozialistischer StudentenInnen, dazu kommt noch der Vorsitzende der jeweiligen ÖH-Bundesvertretung (BV). Das sieht der Rechnungshof kritisch: Die ÖH sollte jeweils anhand der aktuellen Mehrheitsverhältnisse repräsentiert sein.

Risikoreiche Derivativgeschäfte

Die damalige Geschäftsführung der Stiftung schloss laut Rechnungshof zwischen 2006 und 2008 drei "komplexe und risikoreiche" Derivativgeschäfte (darunter etwa einen Zinsswap) jeweils über einen Nominalbetrag von 14 Millionen Euro ohne Bindung an ein Grundgeschäft ab – ohne die eigentlich vorgesehene vorherige Zustimmung des Kuratoriums. Die Geschäfte wurden jeweils erst im Nachhinein genehmigt. Laut Rechnungshof waren die Derivativgeschäfte "zur Zinssicherung nicht oder nur eingeschränkt geeignet". Kritik übt er daran, dass "die Stiftung über kein internes Kontrollsystem verfügte, das die zeitgerechte Information des Kuratoriums und des Ständigen Ausschusses von beabsichtigten zustimmungspflichtigen Geschäften sicherstellte".

Probleme bei Platzvergabe

Aufgrund der Zinsentwicklung entstand für die Stiftung bis September 2013 ein Verlust von rund zwei Millionen Euro. Dann wurden die Geschäfte von einer neuen Geschäftsführung – diesmal mit Kuratoriumszustimmung – restrukturiert, um Risikopotenzial und laufenden Aufwand zu verringern. Insgesamt entstand bisher – bis Oktober 2014 – ein Verlust von 2,41 Millionen Euro.

Probleme sah der Rechnungshof auch bei der Platzvergabe in den Studentenheimen: "Eine vorrangige Behandlung von bedürftigen Studierenden bei der Vergabe von Studentenheimplätzen im Sinne des Stiftungszwecks war nicht sichergestellt." So habe es etwa keine Einkommensgrenzen gegeben – außerdem wurde im Regelfall ohnehin kein Nachweis über das monatliche Nettoeinkommen verlangt.

ÖH: Verlust wahrscheinlich

Das aktuelle ÖH-Vorsitzteam will jedenfalls, dass die Stiftung die Derivativgeschäfte so bald wie möglich verkauft, sagt die Generalsekretärin Magdalena Goldinger zum STANDARD. "Mit großer Wahrscheinlichkeit wird aber ein Verlust entstehen". Zudem wolle man Maßnahmen ergreifen, dass so etwas nicht wieder vorkomme. "Es ist für uns nicht tragbar, dass die Geschäftsführung Finanzspekulation betreibt."

Auch die Beschickung des Kuratoriums wolle die ÖH schon seit 2006 neu organisieren, wie dies auch vom Rechnungshof gefordert wird, sagt Goldinger. Aufgrund der aktuellen Mehrheitsverhältnisse sei dies aber noch nicht möglich gewesen. "Wer schafft sich schon gerne selbst ab." In einer Presseaussendung verweist die Generalsekretärin auf ein Rechtsgutachten für die ÖH aus dem Jahr 2012, in dem bereits darauf aufmerksam gemacht wurde, dass die Entsendung in das Kuratorium nicht mehr dem Stiftungswillen entspricht.

Mit einer Änderung des Stiftungsbriefes wäre es auch möglich die Vergabekriterien in den Studierendenheimen neu zu vereinbaren, sagt Goldinger. "Diese funktionieren momentan nämlich nicht nach sozialen Kriterien." (APA/koli, 2.10.2015)