Sprachförderung funktioniert im Kindergarten spielerisch.

Standard/Kogelnik

Johanna Wlcek kommt drei mal in der Woche den ganzen Vormittag lang.

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Mit Bildkarten lernen die Kinder Wortgruppen und ihre Überbegriffe.

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Wien – Aus einer hölzernen Schatzkiste holt Johanna Wlcek einen kleinen Apfel, ein weißes Puppenleiberl, ein rotes Modellauto und eine Lokomotive aus Holz. "Was ist das?", fragt sie und hält den Apfel in die Höhe. "Ein Apfel", brüllen fünf Kinder gleichzeitig.

Die Sprachförderin sitzt mit zwei Mädchen und drei Buben im Kreis am Boden. Wlcek kommt dreimal in der Woche in den Kindergarten in der Arnethgasse im 16. Bezirk und spielt mit jenen Kindern, bei denen ein Förderbedarf festgestellt wurde.

Heute geht es um Überbegriffe für Wortgruppen. "Was kann man mit einem Apfel machen?", fragt Wlcek. "Ihn essen", antwortet ein fünfjähriges Mädchen. Die Kindergartenpädagogin holt eine Karte hervor, auf der neun verschiedene Lebensmittel abgebildet sind. "Das alles ist Essen", erklärt sie. Das Puppenleiberl gehört zur Kleidung, das Auto ist ein Fahrzeug und die Holzlokomotive gehört zu den Spielsachen.

Sprache für Integration

In den Wahlprogrammen der Wiener Parteien wird hinsichtlich der Bildungspolitik Sprachförderung oft als Schlüssel zur Integration genannt. Die FPÖ verspricht "Deutsch vor Schule in Form von eigenen Klassen", auch die ÖVP ist für solche "Vorbereitungsklassen". Die Grünen setzen den Fokus auf die Kindergärten und fordern Sprachförderung auch in der Erstsprache, zudem versprechen sie die Garantie für einen Kindergartenplatz ab dem zweiten Lebensjahr. Die Neos fordern einen flexiblen Betreuungsschlüssel im Kindergarten, um Defizite in der Sprache früh abbauen zu können. Die SPÖ will Kinder ab dem vierten Lebensjahr in deren Spracherwerb fördern.

Schon jetzt ist bundesweit das letzte Kindergartenjahr für Fünf- und Sechsjährige verpflichtend. Ob jene Kinder, die eine Förderung brauchen, eine solche auch bekommen, hängt auch von ihrem Glück ab. Derzeit sind nur 130 Sprachförderer in den 350 Wiener Kindergartengruppen tätig. Wenn in einer Gruppe nur ein Kind Förderbedarf hat, bekommt es keine Extrasprachförderung zugeteilt, dies ist erst ab drei Kindern der Fall.

Abhängig vom Bund

Die Stadt Wien hat allerdings eine Verdopplung des Personals für die Sprachförderung bis nächstes Jahr angekündigt. Möglich ist dies durch 15 Millionen, die der Bund bis zum Kindergartenjahr 2017/18 zuschießt, Wien zahlt noch 7,5 Millionen dazu.

Hier ist auch die Crux aller bildungspolitischen Vorhaben auf Wiener Ebene: Meistens sind die Länder vom Bund abhängig. Viele der Forderungen der im Wahlkampf stehenden Wiener Parteien können diese im Gemeinderat jedenfalls nicht umsetzen. Die ÖVP etwa fordert den Erhalt und den Ausbau der Gymnasien. Dafür ist die Unterrichtsministerin zuständig. Die ebenfalls von der Volkspartei geforderte Förderung von "Brennpunktschulen" könnte die Stadt aber übernehmen.

Die FPÖ fordert in ihrem Wahlprogramm ebenfalls den Erhalt der Gymnasien und "individuelle Abschlussprüfungen" statt der Zentralmatura, beides liegt in der Verantwortung des Bundes. Eine "Verschlankung des Wiener Stadtschulrats" ließe sich aber umsetzen.

1000 Lehrer mehr

Die Grünen wollen tausend Lehrer mehr an Wiens Pflichtschulen, auch hier muss erst einmal die Unterrichtsministerin Geld lockermachen. Wie die ÖVP fordern auch die Grünen mehr Geld für Brennpunktschulen. Im Gegensatz zur Volkspartei steht die Forderung nach einer gemeinsamen Schule für alle Kinder zwischen sechs und 14 Jahren.

Die Schulen "entfesseln" wollen die Neos. Demnach sollen die Schulen autonom werden, was – schon wieder – nicht Sache der Länder ist. Die auf Wien zugeschnittene Forderung: 120 Millionen Euro, die nach der Vorstellung der Partei etwa durch die Halbierung der Parteienförderung und weniger Eigenwerbung für die Stadt gewonnen werden, sollen in zusätzliches Personal an Schulen fließen. Ganz oben auf der Liste der Neos steht das Ende des Einflusses der Parteien auf die Schulen. Diese Forderung findet sich bei jeder Partei, außer bei den Roten.

Die SPÖ verspricht einen Kindergartenplatz für jedes Kind, 50 bis 70 zusätzliche Kindergartengruppen pro Jahr und den Ausbau der Ganztagsschule. Zudem sollen im Bildungssystem die Talente und das glückliche Leben des Kindes im Vordergrund stehen und nicht "egoistisches Profitdenken". (Lisa Kogelnik, 3.10.2015)