Nach der Eroberung von Kundus durch die Taliban werden in Deutschland Rufe nach einer Verlängerung des deutschen Bundeswehrmandats laut. "Angesichts der Situation in Afghanistan wäre es falsch, die Afghanen völlig alleine zu lassen", sagt der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold. Auch SPD-Außenpolitiker Niels Annen ist dafür, nennt aber die Bedingungen: "Wir können Afghanistan nicht allein unterstützen. Die Voraussetzung ist, dass wir uns in der internationalen Gemeinschaft darauf verständigen, gemeinsam länger zu bleiben. Und die Voraussetzung dafür wiederum ist, dass die afghanische Regierung dies wünscht." Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) meint, die Nato solle ihre Entscheidungen nicht nach "starren Zeitlinien" treffen, sondern nach der aktuellen Sicherheitslage.

Die Bundeswehr hat sich vor zwei Jahren aus Kundus zurückgezogen. Sie ist noch im 150 Kilometer entfernten Mazar-i-Sharif stationiert, um dort die afghanische Armee zu beraten und auszubilden. 2016 soll sie, wie die anderen Soldaten des Nato-Bündnisses, nach Kabul zurückkehren.

Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, sieht eine herbe Niederlage: "Wir haben die politischen Kräfte nicht gebündelt, wir haben unsere Maßnahmen – weder die finanziellen, wirtschaftlichen, noch den staatlichen Wiederaufbau – nicht zentral gesteuert. Wir haben von Anfang an unsere Kräfte zersplittert, anders als beispielsweise auf dem Balkan in den 1990er Jahren. Und das ist nun das Ergebnis: Wir sind politisch in Afghanistan gescheitert." (Birgit Baumann aus Berlin, 30.9.2015)