Linz – Nach der Wahl ist bekanntlich vor der Wahl: Zu entscheiden gilt es jetzt bis zur konstituierenden Sitzung des Landtags am 23. Oktober, wer mit wem eine De-facto-Koalition eingeht. Möglichkeiten gibt es mehrere: Schwarz-Blau, Schwarz-Rot, Schwarz-Rot-Grün oder überhaupt das freie Spiel der Kräfte.

Heute, Mittwoch, lädt ÖVP-Chef Josef Pühringer die Parteien zu Sondierungsgesprächen in die ÖVP-Parteizentrale. Geplant ist um 9.30 Uhr ein Gespräch mit SPÖ-Chef Reinhold Entholzer, um 10.30 Uhr eines mit FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner, um 11.30 Uhr folgen die Grünen. Seitens der ÖVP wurde betont, dass die Reihung keinerlei Präferenz erkennen lasse, sondern lediglich eine Terminfrage gewesen sei.

Die Grünen werden aber ver suchen, der ÖVP einen "Ausflug" nach Kenia schmackhaft zu machen. Anschober bevorzugt nämlich eine schwarz-rot-grüne Zusammenarbeit. Verhindern will man so eine blaue Regierungsbeteiligung. "Das würde eine Retrolinie in der Bildungspolitik und eine Zerstörung der Energiewende bedeuten. Es würde die Stimmung in der Gesellschaft verschärfen.

"Existenzbedrohung"

Für Teile der Zivilgesellschaft – wie Umwelt-, Sozial- und Fraueninitiativen – käme es zu einer Existenzbedrohung", warnt Anschober. Schwarz-Blau wäre "eine Gefahr, ein Rückschritt, eine Vollbremsung bei voller Fahrt".

70 Prozent der Oberösterreicher hätten nicht FPÖ gewählt, daher wäre es legitim, dass ÖVP, SPÖ und Grüne "eine Koalition der Menschlichkeit und Vernunft bilden". Das wäre keine Ausgrenzung der FPÖ, weil eine Zusammenarbeit in einer Proporzregierung selbstverständlich sei, so Anschober, der zudem auf Kärnten und Salzburg verweist, wo es ebenfalls Dreierkoalitionen gebe. Es sei aber die Kenia-Koalition nicht die Variante mit der größten Wahrscheinlichkeit. Anschober: "Aber wir werden sie offensiv ins Gespräch bringen. Es funktioniert, wenn man will."

Hörbar verärgert zeigte sich Anschober über die Offensive der oberösterreichischen Indus triellenvereinigung in Richtung einer schwarz-blauen Zusammenarbeit. IV-Geschäftsführer Joachim Haindl-Grutsch hatte im Gespräch mit dem Standard eingemahnt, dass "die Karten so deutlich auf dem Tisch liegen, wie es eigentlich deutlicher nicht sein könnte". Das Signal des Wählers könne und dürfe jetzt nicht einfach übergangen werden. "Gewünscht ist ganz klar ein politischer Wandel."

Für Anschober drängt sich die Frage auf, ob "eine Koalitionsempfehlung Aufgabe der Industriellenvereinigung ist". Und ob Haindl-Grutsch "tatsächlich" für alle Industriebetriebe in Oberösterreich spreche. Anschober: "Ich habe da aus vielen Unternehmen etwas anderes gehört." (Markus Rohrhofer, 29.9.2015)