Aus Elektronikschrotten soll künftig nicht nur Kupfer extrahiert und wiederverwertet werden, sondern auch sogenannte Technologiemetalle wie Wolfram und Seltene Erden.

Foto: Montan-Uni Leoben

Im CD-Labor in Leoben werden Technologiemetalle extrahiert.

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Leoben – In Mittersill in Salzburg wird, versteckt in den Minen unter dem Nationalpark Hohe Tauern, Wolfram abgebaut. Das Metall mit seiner hohen Härte, dem hohen Schmelzpunkt und der hohen chemischen Beständigkeit findet in der Werkzeugindustrie viele Anwendungen. Trotz der großen Vorkommen in Österreich, die mehr als ein Prozent der jährlichen Weltproduktion von etwa 80.000 Tonnen abdecken, kann aber selbst der heimische Markt nicht voll bedient werden. Denn mit dem Abbau, der in den 1970er-Jahren gestartet war, hat sich eine starke verarbeitende Industrie entwickelt, die die Hälfte ihres Bedarfs aus China und Russland importieren muss, erklärt Stefan Luidold, Privatdozent auf dem Lehrstuhl für Nichteisenmetallurgie der Montan-Uni Leoben.

Für Luidold ist Wolfram ein Technologiemetall. Das sind Rohstoffe, die im Vergleich zu Eisen, Kupfer oder Aluminium – die jährliche Weltproduktion liegt hier bei jeweils mehr als zehn Millionen Tonnen – in kleineren Mengen hergestellt werden, aber im Hochtechnologiebereich wichtige Einsatzgebiete finden. Mit dem Boom alternativer Energieformen erhöht sich ihr Bedarf rasant. Für die Produktion von Dünnschichtphotovoltaik benötigt man etwa Indium, Gallium und Selen. Die Permanentmagnete in Windgeneratoren bestehen zum Teil aus Neodym, Praseodym, Dysprosium und Terbium, allesamt Seltene Erden. Die Elemente findet man auch in den Magneten in Festplattenantrieben, Elektromotoren sowie Mikrofonen und Lautsprechern von Smartphones.

Preise für Seltene Erden explodiert

Gerade Seltene Erden waren lange günstig am Weltmarkt verfügbar. Die Erze wurden fast ausschließlich in China gewonnen, das 2010 die Exporte aber eingeschränkt hat. "Die Preise sind regelrecht explodiert und teilweise auf das Zehnfache gestiegen", erinnert sich Luidold. Das gab weltweit Anlass für Forschungsprojekte, die Recycling wirtschaftlicher machen sollen.

Auch das neue, vom Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium kofinanzierte Christian-Doppler-Labor für Extraktive Metallurgie von Technologiemetallen, das Luidold leitet, reiht sich in diese Bemühungen ein. "Auch wenn die Preise nach 2010 wieder gefallen sind, ist es schwierig abzuschätzen, wie sich die Marktsituation entwickelt", so Luidold. Man möchte für neuerliche Engpässe gewappnet sein.

Nebenbei waren die westlichen Produzenten durchaus froh, dass die Rohstoffe günstig verfügbar waren, so Luidold. "Die Erze der Seltenen Erden weisen oft gewisse Gehalte an radioaktiven Elementen auf. Der Bergbau ist in diesem Bereich mit hohen Auflagen verbunden und damit aufwändig und teuer." Auflagen, die in China – mutmaßlich auf Kosten von Natur und Sicherheit – noch nicht gegeben sind. Luidolds Labor zielt darauf ab, Technologiemetalle aus Rohstoffquellen zu extrahieren, die bisher nicht genutzt wurden. Bei Wolframschrotten gibt es zwar bereits Recyclingprozesse, bisher waren sie aber entweder sehr aufwändig oder nur sehr reinen Schrotten vorbehalten, so der Metallurge. Hier wollen die Forscher eine Lücke schließen.

Nicht nur Kupfer recyceln

Seltene Erden sollen aus gesammelten Altgeräten zurückgewonnen werden. "Aufgrund ihres hohen Kupfer- und vor allem Edelmetallgehalts werden die Schrotte in die Kupferroute eingeschleust, wo andere Metalle aber großteils verlorengehen", so Luidold. Ein neues Verfahren soll auch Konzentrate beispielsweise von Wolfram und Seltenen Erden abscheiden, die dann wieder zu hochreinen Metallen verarbeitet werden können.

Luidold und seine Mitarbeiter greifen auf bekannte Prozessschritte zurück. Dazu gehört die Laugung, selektives Herauslösen bestimmter Verbindungen etwa mithilfe von Säuregemischen, die bei Feststoffen immer am Anfang steht. "Das Ziel ist, die Laugung gezielt durchführen zu können, sodass man schon hier eine gewisse Elementtrennung schafft", erklärt der Wissenschafter.

Bei einer anschließenden, sogenannten Flüssig-flüssig-Extraktion werden bestimmte Lösungen gezielt angereichert und etwa durch Elektrolyse- oder Kristallisationsprozesse weiterverarbeitet. Andere Abscheidungsprozesse arbeiten mit pyrometallurgischen Verfahren, Schmelzprozessen in Öfen, wobei Metallschmelze, flüssige Schlacke und ein Abgas entstehen. "Bei neuartigen Schrotten oder bisher ungenutzten Erzen bekommen wir vom Standard abweichende Metalllegierungen und Schlackenzusammensetzungen, deren Eigenschaften wir untersuchen." Das Ziel ist auch hier, das Wechselspiel der Elemente für die Abscheidung nutzbar zu machen.

"Wir beginnen im Milligrammbereich, bei ersten Charakterisierungen unter dem Erhitzungsmikroskop", so der Wissenschafter. Bis neue Prozesse im Industriemaßstab laufen, wird es noch dauern. "Für die Entwicklung der Technologien benötigt man Jahre. Beim nächsten Preisanstieg ist es aber zu spät, damit anzufangen." (Alois Pumhösel, 4.10.2015)