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Fahndung nach El Chapo in Mexiko. Die hier angeführte Belohnung von 60 Millionen Pesos (etwa 3,2 Millionen Euro) wurde mittlerweile auf umgerechnet 6,7 Millionen Euro erhöht.

Foto: REUTERS/Henry Romero

Seit seinem Gefängnisausbruch vor zweieinhalb Monaten will man ihn in Costa Rica gesehen haben, in Guatemala oder im Drogendreieck im Norden Mexikos. Aber Joaquín "El Chapo" Guzmán ist ein Phantom. Immer wieder entgleitet Mexikos meistgesuchter Drogenboss den Fängen seiner Häscher – wie ein glitschiges Stück Seife. Er legt falsche Spuren und besticht Fahnder, Richter und Gefängnisdirektoren. 13 Jahre vergingen seit seinem ersten Ausbruch, jetzt beginnt die Hatz von neuem. Auch diesmal hat er wieder Scharen von Fahndern auf seinen Fersen – darunter das FBI, die US-Antidrogenbehörde DEA, Interpol und kolumbianische Mafiajäger, die schon dem Cali-Kartell und dem Chef des Medellin-Kartells, Pablo Escobar, den Garaus gemacht haben.

Drohnen und intelligente Kameras

Diesmal haben die Jäger einen Vorteil: Sie wissen viel mehr über El Chapo als damals. Und sie verfügen über modernste Technologie: Drohnen, Hochleistungscomputer, intelligente Kameras. Wie die heutige Überwachungstechnologie funktioniert, kann man in der Kommandozentrale im südmexikanischen Puebla bestaunen. Hinter einer unscheinbaren Betonfassade wacht man über die viertgrößte Stadt des Landes.

Im Krisensaal laufen auf Dutzenden Bildschirmen Informationen zusammen. Polizisten, Militärs und Geheimdienstler kontrollieren rund um die Uhr 300 intelligente bewegliche Kameras an den wichtigsten Kreuzungen der Stadt. Polizeilaster, ausgestattet mit Röntgenstrahlen und chiffrierten Funknetzen, kontrollieren die Ausfallstraßen. "Wir haben Anrufe bekommen, dass El Chapo in Puebla sei", erzählt Polizeidirektor Daniel Aguilar. Umgerechnet knapp 6,7 Millionen Euro Belohnung könnten verlockend genug sein, dass ein Vertrauensmann des Drogenbosses schwach wird. Doch die Angaben erweisen sich letztendlich als falsch.

Jede Nacht woanders

Mit Technologie allein wird El Chapo kaum beizukommen sein. Der 57-Jährige gilt als extrem misstrauisch, gerissen und skrupellos. Handys benützt er schon lange nicht mehr, sein Kommunikationssystem funktionierte vor seiner Festnahme über Vertrauensleute, die ihre Tage in Internetcafés zubrachten und ein kompliziertes Spiegelsystem benutzten, um ihre Spuren zu verwischen. Jede Nacht schläft er woanders, bis zu sechs Sicherheitsringe umgeben ihn und warnen ihn bei jeder verdächtigen Mobilisierung.

Schwachstellen hat er dennoch. Seine engsten Vertrauten wurden in den vergangenen Jahren festgenommen und haben – wohl nicht ganz freiwillig – viele Geheimnisse preisgegeben. Guzmán liebt Luxus, Feste und schöne Frauen, hat Altersdiabetes, Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen, weshalb er spezielle Medikamente braucht.

Und dann sind da seine Kinder, die er abgöttisch liebt. Besonders hängt er an den jüngsten, den dreijährigen Zwillingstöchtern seiner dritten Frau, der Exschönheitskönigin Emma Coronel. Beim letzten Mal wurde er mit ihr und den Kindern zusammen geschnappt und ergab sich kampflos, um sie nicht zu gefährden. Wo sie sind, da wird vermutlich auch El Chapo zu finden sein. (Sandra Weiss aus Puebla, 29.9.2015)