Bregenz – Die Hälfte der Vorarlberger Jugendlichen macht eine Lehre. "Damit hat Vorarlberg die höchste Lehrlingsquote in Österreich bei geringer Jugendarbeitslosigkeit", sagt Landeshauptmann Markus Wallner (VP). Dennoch fehlt es an qualifizierten Fachkräften. Das liegt einerseits an der demografischen Entwicklung – 2008 wurden noch 2.314 Lehrlinge gezählt, 2014 nur noch 2.038 –, andererseits an der Qualität der Ausbildung.

Am Montag trafen sich die Sozialpartner zum Lehrlingsgipfel im Landhaus in Bregenz. Das Ziel: Die Qualität der Lehrausbildung soll verbessert werden. Denn: "Jede fünfte Lehre wird abgebrochen, wir haben einen zu hohen Anteil an Jugendlichen, die lediglich Pflichtschulabschluss haben", sagt Manuela Auer (SPÖ), Geschäftsführerin des Gewerkschaftsbunds. Die Crux im Industrieland: Die Hälfte der 150 Ausbildungsbetriebe sind Kleinbetriebe, in denen die Jugendlichen eine praxisnahe Ausbildung bekommen, die sich mehr an den betrieblichen Erfordernissen als an den künftigen Anforderungen der Branchen orientiert.

Ausbilden will gelernt sein

Betriebe sollen nun durch Ausbildungscoaching unterstützt werden. Wirtschaftskammer-Präsident Manfred Rein (VP) sieht das nicht als Kritik an der bisherigen Praxis, sondern als Serviceleistung. Rein: "Jeder Betrieb sollte einen Ausbildungsverantwortlichen haben, der sich darum kümmert, dass Lehrpläne umgesetzt werden. Das kann auch der Chef oder die Chefin sein." Auch Arbeiterkammer-Präsident Hubert Hämmerle (VP) will die Beratung nicht als Kritik an Betrieben verstehen: "Über das Coaching sollen Betriebe für eine bessere Lehrausbildung sensibilisiert werden, es geht keinesfalls um Schuldzuweisungen."

Vorarlberger Prüfung

In jedem der vier Bezirke soll Anfang des nächsten Jahres ein Ausbildungscoach zur Verfügung stehen. Parallel dazu wird Vorarlberg eine Zwischenprüfung zur Halbzeit der Lehre einführen. Da der Bund eine solche Prüfung ablehnt, ist sie freiwillig. Lehrlinge sollen zur Teilnahme "motiviert werden", die Prüfung diene der Qualitätssicherung und -kontrolle. Die Prüfung wird zusammen mit den Berufsschulen entwickelt. Den bundesweiten Alleingang begründet Rein mit schlechten Erfahrungen: "Wenn wir auf Wien warten, geschieht gar nichts."

Ende des Jahres wollen die Sozialpartner Konzepte für Zwischenprüfung und Coaching vorlegen. Finanziert wird durch Sozialpartner und Land.

Wenig Interesse an Lehre mit Matura

Wenig angenommen werde das "Vorarlberger Lehrlingsmodell", also die Möglichkeit, Lehre und Matura zu machen, bedauert Landeshauptmann Wallner. Nur 70 von 2.018 Lehrlingen haben 2014 diesen Berufsweg eingeschlagen. Die Ausfallquote beträgt 50 Prozent. Nun soll eine Informationskampagne bei Jugendlichen und Betrieben für Lehre und Matura werben. Wallner: "Wir wollen aufzeigen, dass Lehre keine Sackgasse ist, sondern durchlässig bis zu einem Studium." (Jutta Berger, 28.9.2015)