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Für Chinas Präsident Xi Jinping wird der rote Teppich mit militärischer Genauigkeit ausgerichtet.

Foto: EPA/MICHAEL REYNOLDS

Erst ein privates Abendessen im Blair House, dem Gästehaus des US-Präsidenten, tags darauf ein Galadiner, wie es nur alle paar Monate im Kalender steht: Kaum hat der Papst die Stadt verlassen, rollt Barack Obama den roten Teppich für Xi Jinping aus.

Er heißt den Präsidenten eines Landes willkommen, von dem es in Washington immer heißt, dass kein bilaterales Verhältnis wichtiger sei als jenes zu China. Einen Mann, von dem er nicht recht weiß, ob er ihn für einen Freund oder Feind halten soll.

Vor zwei Jahren, als sich die beiden in Sunnylands trafen, einem kalifornischen Oasenanwesen, sollte eine betont lockere Atmosphäre Vertrauen aufbauen. Manche verglichen den jovial wirkenden Gast bereits mit Michail Gorbatschow. In Xi sahen die Amerikaner einen dynamischen Reformer, mit dem man reden konnte, während dessen stocksteifer Vorgänger Hu Jintao meist nur Positionspapiere verlesen hatte.

Enttäuschung über ausgebliebene Reformen

Gemessen an den Erwartungen, ist Ernüchterung eingezogen. Enttäuschung über ausgebliebene Reformen geht einher mit der Frage, wie fest der chinesische Staatschef im Sattel sitzt, wenn der chinesische Wachstumsmotor stottert und die Börse abgestürzt ist.

Es ändert nichts daran, dass Obama Xi als Partner braucht. In zentralen Fragen der Weltpolitik, doziert seine Sicherheitsberaterin Susan Rice, stünden sich Washington und Peking heute näher denn je – in der Haltung zum Klimaschutz, bei der Nichtverbreitung von Kernwaffen, in den Atomverhandlungen mit dem Iran. In Washington will Xi verkünden, dass sein Land bis 2017 ein System des Emissionshandels einzuführen gedenkt.

Kein Mangel an Konfliktstoff

Andererseits mangelt es nicht an Konfliktstoff. In der Privatwirtschaft häufen sich die Beschwerden über chinesische Hackerangriffe. Noch nie in den 35 Jahren, in denen er sich mit dem Reich der Mitte beschäftigt, habe er in der Geschäftswelt einen solchen Pessimismus erlebt, sagt Jon Huntsman, einst US-Botschafter in Peking. Das FBI verzeichnet allein für 2014 einen Anstieg chinesischer Cyberattacken um 53 Prozent. Rice spricht von staatlich geförderter, internetgestützter Wirtschaftsspionage. Überschattet wird das Verhältnis aber auch von einer Welle des Nationalismus, wie sie gerade über die Wahlkampfbühnen der Republikaner rollt. Donald Trump, Immobilientycoon und Rechtspopulist, verspricht nicht nur Chinas Exportoffensive mit empfindlich hohen Zöllen zu stoppen. Das Galadiner für Xi Jinping, polterte er, würde er abblasen und dem Mann bei McDonald's einen Hamburger servieren. (Frank Herrmann aus Washington, 26.9.2015)