Wien – Die Heilungschancen sind bei einigen Krebserkrankungen noch äußerst gering. Dennoch zeichnet sich ein verhaltener Hoffnungsschimmer ab: Beim Europäischen Krebskongress (ECC 2015) in Wien mit rund 20.000 Teilnehmern, der am 25.9. beginnt, wird die neue Immuntherapie gegen Krebs im Zentrum stehen. "Wir hoffen, 40, 50 oder 60 Prozent dieser Erkrankungen in ein chronisches Stadium zu bringen", sagt Thomas Büchele von der Entwicklungsabteilung des Schweizer Pharmakonzerns Roche im Vorfeld des Kongesses.

Der Schweizer Pharmakonzern hat sich bereits vor Jahren auf die Entwicklung von Biotech- und anderen High-Tech-Arzneimitteln gegen bösartige Erkrankungen spezialisiert – etwa mit monoklonalen Antikörpern.

Auch in der Immuntherapie, welche die von Tumoren unterdrückte Abwehrreaktion des Körpers wieder in Gang bringen soll, engagiert sich der Konzern. "Wir haben da mit Atezolizumab einen sogenannten PDL-1-Antikörper bereits in der Phase-III-Entwicklung (Wirksamkeit) und werden in Wien Daten zu Lungen- und Blasenkrebs vorstellen", berichtet Büchele.

Krebs zur chronischen Erkrankung machen

In den vergangenen Jahren wurden zur "zielgerichteten Krebstherapie" immer mehr Wirksubstanzen entwickelt, die Tumorzellen jeweils spezifisch an exakt definierten "Knackpunkten" in ihrem Wachstum angreifen. Oft ist die Wirksamkeit sehr schmal und nur bei ganz bestimmten Tumorvarianten vorhanden. "Die Tumore finden Umwege, um die Wirkung der Medikamente zu umgehen", resümiert Büchele.

Auch die neuen Immuntherapeutika, welche durch Blockade von PD1-, PDL-1 oder CTLA-4-Strukturen an Tumor- oder Immunzellen die "Bremse" lockern sollen, die bösartige Zellen dem Immunsystem des Patienten anlegen, seien eigentlich eine "zielgerichtete Krebstherapie", betont der Pharmavertreter. "Aber es scheint, als hätten sie bei vielen verschiedenen Krebserkrankungen, bei Tumorleiden und hämatologischen Krankheiten, eine Wirkung. Mit einer Monotherapie kann ein Plateau von etwa 20 Prozent der Fälle erreicht werden, in denen man die Krebserkrankung in ein chronisches Stadium überführen kann", ergänzt Büchele.

Rückkehr alter Chemotherapeutika

"Wir haben eine Reihe von Studien, in denen die Immuntherapie mit den anderen zielgerichteten Therapien kombiniert werden. Dann wird es wohl auch Kombinationen mit den alten Chemotherapeutika geben", sagt Büchele.

Das Besondere daran: "Chemotherapeutika wirken auch, indem durch sie abgetötete Krebszellen Antigene freisetzen, gegen die das Immunsystem wirkt." Und genau diese Abläufe würden erst recht durch die neuen Immuntherapien verstärkt. "Wir hoffen damit, den Anteil der Krebserkrankungen, die wir in ein chronisches Stadium überführen, auf 40, 50 oder gar 60 Prozent zu erhöhen."

Für die kommenden Jahre wird nicht zuletzt durch die demografische Entwicklung ein starkes Ansteigen der Zahl der Krebserkrankungen prognostiziert. Diese Veränderungen lassen sich in einer weltweiten Zahl von 20,3 Millionen neuen Krebserkrankungen im Jahr 2030 zusammenfassen. Im Vergleich dazu waren es 12,7 Millionen Fälle im Jahr 2008. Für das Jahr 2030 werden 13,2 Millionen Krebstote prognostiziert. 2008 waren es 7,6 Millionen Todesopfer. (APA, 24.9.2015)