Erfolgreiche Boygroup: Der Galerist Peter Pakesch (2. v. re.) im Jahr 1987, umringt von seinen Jungstars (v. li.) Herbert Brandl, Heimo Zobernig und Franz West.


Foto: Didi Sattmann

Wien – Die einen verstanden sich als Informationsgalerie, Handel war pfui. Die anderen wollten mit der Kunst vor allem gute Geschäfte machen und fanden Subventionen gaga. Viele Anlaufstellen für Gegenwartskunst gab es in Wien in den 1970er- und 80er-Jahren jedenfalls nicht, die Galerienszene war überschaubar, ihre Protagonist(inn)en einander meist in herzlichem Misstrauen zugetan. Und im Großen und Ganzen war die Galerienszene fast (und fest) in weiblicher Hand.

In der Köllnerhofgasse bemühte sich Grita Insam um Frauen und neue Medien; am Opernring holte die Galerie Ulysses internationale Künstler wie Cy Twombly nach Wien und exportierte Arnulf Rainer in die Welt. Heike Curtze konzentrierte sich vorwiegend auf österreichische Malerei und zeigte früh Österreichs Aktionisten; Rosemarie Schwarzwälder setzte in der Galerie nächst St. Stephan projektbezogene Schwerpunkte. Und 1986 expandierte Ursula Krinzinger von Tirol nach Wien.

Doch 1981 wirbelte ein aus Graz zugereister Jungspund die Szene gehörig auf: Peter Pakesch gründete seine erste Galerie in der Ballgasse 6 in der Wiener Innenstadt, wenige Jahre später die zweite in der Ungargasse in Wien-Mitte. Und plötzlich war die Kunst jung und frech und durfte auch Spaß machen. Doch zunächst zeigte der damals 26-Jährige seinen Kolleginnen, mit wem sie es zu tun haben würden: Die ebenerdige Galerie in der Ballgasse war brechend voll, als der Aktionist Hermann Nitsch Blut schüttete und Zicklein und Gedärme drapierte.

Tatsächlich prägte Pakesch ein Jahrzehnt lang das Wiener Kunstgeschehen. Er "machte" seine Künstler – Herbert Brandl, Otto Zitko, Heimo Zobernig, Franz West, Josef Danner, schuf sich ein internationales Kunstnetzwerk, zeigte internationale Stars wie Pistoletto, Kabakow oder Amerikaner wie Sol Lewitt, Christopher Wool oder Mike Kelley, holte regelmäßig die Kölner Kunstrabauken Albert Oehlen und Martin Kippenberger.

Auf der Glastür beim Eingang ein stark vergrößerter Zettel, auf den Pakesch notiert hatte, wo überall Plakate affichiert werden sollten. Im ersten Raum Auszüge aus dem Art-Magazin, das über das Kunstwunder Wien staunte.

Typografien, Faxnachrichten, Abrechnungen, Briefe, Originalplakate, Preislisten: Vor ein paar Jahren vermachte Pakesch sein gesamtes Archiv dem Museum: Diesen Informationsschatz hat Wolfgang Kos um rund dreißig Schlüsselwerke der Galeriekünstler ergänzt. Viele der Fotos stammen übrigens von Didi Sattmann, der die Szene sensibel und, ja, liebevoll dokumentierte.

Checo Sterneck hat eine kluge Ausstellungsarchitektur und Platz für die einzelnen Künstler geschaffen, das Konvolut sozusagen in die Gänge gebracht. Es ist eine Erzählung in – miteinander verschränkten und aufeinander Bezug nehmenden – Kapiteln über Kunst und Künstler. Kos erzählt aber auch viel über die Stadt, die ihre traurige Nachkriegstrübnis in den 1980er-Jahren endlich abschüttelte.

Rückzug aus Graz

Dass diese Ausstellung Kos' letzter Akt im Wien-Museum sein würde, war geplant. Nicht geplant war hingegen, dass sie just mit Pakeschs doch eher überraschendem – und von Kollegen wie Martin Hochleitner (Salzburg Museum) oder Karola Kraus (Mumok) bedauertem – Rückzug als Intendant des Grazer Joanneums zusammenfällt. Als Team habe man das Joanneum zum größten Universalmuseum Mittteleuropas gemacht, sagte der bisher wissenschaftliche, künftig alleinige Geschäftsführer Wolfgang Michitsch.

Seit seinem Amtsantritt 2003 hatte Pakesch 347 Ausstellungen realisiert, mehr als 171.000 neue Sammlungsobjekte erworben und knapp 900 Publikationen herausgegeben. Hilfreich war ihm dabei (auch) jenes Netzwerk, an dem er schon als Galerist zu knüpfen begann. (Andrea Schurian, 23.9.2015)