Wels – In Wels könnte die FPÖ nach der Gemeinderatswahl am Sonntag erstmals den Bürgermeister stellen. Die blaue Kandidatenliste für die 60.000-Einwohner-Stadt sorgt aber wieder einmal für Diskussionen. Der "Kurier" berichtete zuletzt, dass die Nummer zehn auf der Liste, Ralph Schäfer, der bereits wegen einer Nazi-Sprühaktion mit der Justiz zu tun hatte, zuletzt mit einer "Bürgerwehr" nachts in einer Siedlung patrouillierte.

Die Nummer 23 der Welser FPÖ, James Engelbert Pingera, wiederum fiel mit einschlägigen Facebook-Einträgen auf. Unter der Bezeichnung "Pro Austria" schrieb er im März (mittlerweile ist der Beitrag nicht mehr abrufbar): "Wann werden unsere Politiker und Journalisten endlich für ihre Lügen und Verbrechen haftbar gemacht?"

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Gekaufte Journalisten

Ein von einem anderen User gepostetes Verschwörungsbuch mit dem Titel "Gekaufte Journalisten. Wie Politiker, Geheimdienste und Hochfinanz Deutschlands Massenmedien lenken" wurde von Pingera damals gelikt, ebenso ein Kommentar dazu von User Elmar G., der schrieb: "An die Wand mit dem Politikergesindel." Der FP-Kommunalpolitiker, der über einen Vorzugsstimmenwahlkampf in den Gemeinderat will, zeigte also Sympathie für diesen direkten Aufruf zu Gewalt.

Für Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen-Komitees Österreich, ist das ein "wunderbares Beispiel, welche Politiker in der FPÖ agieren. Von der Parteispitze wird das geduldet, das ist das Schlimme", wie er im Gespräch mit dem STANDARD sagt.

Das Mauthausen-Komitee, das die Überlebenden des Konzentrationslagers Mauthausen vertritt, spricht – auch wegen blauer Kandidaten in anderen Gemeinden – von einer "Gefahr für Demokratie und Menschenrechte". Der FPÖ-Spitzenkandidat in Pregarten, Michael Prückl, verbreite Inhalte eines Holocaust-Leugners – darüber hatte die Seite heimatohnehass.at berichtet. Johann Gibitz, FPÖ-Spitzenkandidat in Lambach, boykottiere die Produkte einer Firma, weil die Frau des Firmeninhabers Flüchtlingen Deutschunterricht gebe.

Rücktrittsaufforderungen

Mernyi: "Immer wieder behauptet der blaue Landesobmann Manfred Haimbuchner, dass er Neonazis und Hassprediger in seiner Partei nicht duldet. Doch das ist, wie sich jetzt wieder zeigt, eine glatte Lüge." Er fordert sowohl Haimbuchner als auch den Welser FPÖ-Vizebürgermeister Andreas Rabl zum Rücktritt auf.

Rabl meinte am Mittwoch auf Anfrage, er wolle zuerst mit Pingera sprechen, bevor über allfällige Konsequenzen nachgedacht werden könne. Er könne sich "nicht vorstellen", dass Pingera tatsächlich einen Gewaltaufruf gelikt habe. Er achte in der Welser FPÖ darauf, dass es "keine Anknüpfungspunkte" zu Rassismus, Rechtsextremismus und Nationalsozialismus gebe.

Zweite Chance

Bei Schäfer, dessen Verfahren nach dem Verbotsgesetz mit einer Diversion geendet hatte, warb Rabl um Verständnis. Schäfer sei damals 17 Jahre alt gewesen und habe mit anderen "Märtyrer leben länger" auf eine Wand gesprüht, daneben das Konterfei von Rudolf Heß. Der nunmehrige Gemeinderatskandidat habe aber gar nicht gewusst, wer Rudolf Heß war, so Rabl.

Er sei der Meinung, dass jeder eine "zweite Chance" verdiene, so der blaue Vizebürgermeister. Schäfer habe sich gebessert. "Wir beschönigen das nicht, aber man sollte die Kirche im Dorf lassen." (Günther Oswald, 23.9.2015)