Wien – Es gibt unzählige Möglichkeiten, wie Medikamente und Stoffwechselprodukte mit Eiweißstoffen im Körper interagieren. Nur über einen Bruchteil davon weiß man heute Bescheid. Wiener Forscher haben nun mit internationalen Kollegen eine neue Methode entwickelt, um solche Interaktionen mit einen Schlag bei allen Proteinen einer Zelle gleichzeitig zu testen. Die Studie wurde im Fachmagazin "Nature Methods" veröffentlicht.

Wenn eine Substanz an ein Protein bindet, dann ändert sich meist dessen Gerinnungspunkt, also jene Temperatur, bei der er wie ein erhitztes Eiklar stockt und zusammenklumpt, erklärte Giulio Superti-Furga vom Forschungszentrums für Molekulare Medizin (CeMM) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). In einer Zelle gäbe es ungefähr zehntausend verschiedene Eiweißstoffe, für die man mit der neuen Methode gleichzeitig feststellen könne, ob sie mit einem zugegebenen Wirkstoff oder einem Stoffwechselprodukt (Metabolit) wechselwirken. All jene Eiweißstoffe, deren Gerinnungskurven sich beim Erhitzen des Zellextraktes durch Zugabe einer solchen Substanz ändern, haben diese vermutlich an sich gebunden.

Fischen nach möglichen Bindungspartnern

"Im Gegensatz zu den bisherigen Methoden kann man mögliche Interaktionspartner finden, ohne die Substanzen chemisch zu ändern", sagte Superti-Furga. Man müsse daher nicht im Vorhinein wissen, wonach man sucht, sondern könne einfach mögliche Bindungspartner aus einem Meer von Eiweißstoffen herausfischen. Außerdem finden die Wechselwirkungen in ihrer natürlichen Umgebung statt und werden nicht durch solche Veränderungen gestört oder gar erst ausgelöst.

Mit zwei Krebstherapie-Wirkstoffen und einem zellulären Stoffwechselprodukt, der das Immunsystem anregt, konnten die Forscher zeigen, dass die neue Technik bei unterschiedlichen Eiweißstoffen funktioniert. Damit wäre es nun einerseits möglich, etwas "Grundsätzliches" in der Zellbiologie herausfinden, nämlich welche chemischen Substanzen mit welchen Eiweißstoffen in menschlichen Zellen interagieren, meint Superti-Furga. "Auch für Arzneimittelforscher wie uns ist dies eine revolutionäre Technologie, denn wir können damit viel leichter herauszufinden, wie Substanzen wirklich wirken", sagte er.

Quasi eine um die andere Substanz könne nun in Zelllinien oder etwa Blutzellen von Patienten nach ihren Wirkungsstellen untersucht werden. "Wir glauben, dass dies in unserem Institut nun stark zum Einsatz kommen, aber auch weltweit sehr gefragt sein wird", so der Medizinforscher. (APA/red, 28.9.2015)