Die wahren Episoden werden nicht nur von Schauspielern, sondern auch von Frau Bock und den Flüchtlingen selbst nachgestellt.

Foto: ORF/Allahyari Filmproduktion/Daniel Kundi

Altes kann zeitlos sein – oder sogar brandaktuell. Das trifft für den 2010 entstandenen Film "Die verrückte Welt der Ute Bock" ganz besonders zu – eine gute Idee des ORF, ihn für die Sonntagabend-Reihe "dok.film" auf ORF 2 aus dem Archiv zu holen. Das Porträt über die heute 73-jährige "Mutter Teresa von Österreich" ist ein dokumentarischer Episodenfilm über die Mühen der Tiefebene in der Betreuung von Obdachlosen und Flüchtlingen. Krankheit, Hunger, Angst. Bürokratie, Polizei, Hass.

Die wahren Episoden werden nicht nur von Schauspielern, sondern auch von Frau Bock und den Flüchtlingen selbst nachgestellt. Großartig etwa Josef Hader als Polizist, der zwischen Gesetzestreue und Liebe hin- und hergerissen wird. Oder Dolores Schmidinger, die die Verlogenheit so brillant spielt, dass man sie ihr glauben würde, wüsste man es nicht besser.

Hier herzzerreißend, da humorvoll: Der Film macht jedenfalls sehr, sehr nachdenklich. Was wird einmal sein, wenn die heutigen Flüchtlinge alle in Österreich, Deutschland, Schweden angekommen sind und bemerken müssen: So sicher sind sie gar nicht, plötzlich zweifeln wir ihre Leidensgeschichten an, plötzlich schlägt die Hilfsbereitschaft der Polizei in bürokratiegetriebenes Drohgehabe um. Niemals aus freien Stücken, wird man ihnen sagen, aber: "Auch wir müssen uns ans Gesetz halten." Ja, natürlich.

Es ist ein großes Verdienst dieses Filmes, in Erinnerung zu rufen, dass mit der Flucht nach Europa noch lange nicht alles ausgestanden ist. Ute Bock hat das vor Jahren erkannt und zu handeln begonnen. Hantig, aber herzlich. Nach einem Schlaganfall und monatelanger Rekonvaleszenz hat sie jetzt wieder zu arbeiten begonnen. Alles Gute, Frau Bock. Und: danke. (Gianluca Wallisch, 21.9.2015)