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Fidschi bedeutete harte Arbeit für England, Mike Brown schaffte trotzdem zwei Tries.

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Ein weiterer Fall für den TMO: Der Try von Fidschis Nikola Matawalu wurde vom Mann vor dem Bildschirm richtigerweise nicht anerkannt.

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Englands Scrum, bereits bei der Niederlage im Vorbereitungsspiel gegen Frankreich etwas fragil, kam auch diesmal unter Druck.

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Mako Vunipola erzwingt im letzten Angriff Englands vierten Try – der Sieg ist damit vier statt drei Punkte wert.

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England hat das Auftaktspiel der achten Rugby-WM gegen Fidschi mit 35:11 (18:8) für sich entschieden. Das Team des Gastgebers zeigte am Freitagabend in Twickenham zwar alles andere als eine berauschende Leistung, verlor gegen den Gegner aus der Südsee zweitweise die Kontrolle über das Spiel, sicherte sich am Ende jedoch mit einem vierten Try sogar noch einen Bonuspunkt. Dessen Bedeutung kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, kämpfen die Briten in Gruppe A doch mit Wales und Australien um zwei Plätze im Viertelfinale.

England hatte alle bisherigen fünf Vergleiche mit Fidschi für sich entschieden, die Scores waren dabei teilweise sehr deutlich ausgefallen. Nemani Nadolo, der aufregendste Spieler im Team des regierenden pazifischen Champions, hatte auch deshalb im Vorfeld den Vergleich vom Kampf Davids gegen Goliath bemüht.

Ein außergewöhnlicher David

Kommen die Davids jedoch daher wie der 1,96 Meter große, 126 Kilo schwere 27 Jährige, gerät dieses Bild aber in gehörige Schieflage. Nadolo, der seine Brötchen bei den berühmten Crusaders in Neuseeland verdient, wird von der englischen Presse denn auch als "fliegender, mit Blei gefüllter Kleiderschrank" beschrieben. Typischerweise findet ein Mensch mit solchen Ausmaßen im Rugby in einer Forward-Position sein Zuhause. Nicht so Nadolo, der lieber auf dem Flügel umherstürmt und dort, einmal im Rollen, auch kaum mehr zu bremsen ist. An Außergewöhnlichem noch nicht genug, ist der Gigant auch noch in der Lage, den Ball als Kicker mit zärtlicher Finesse zwischen die Goalstangen zu befördern.

Nadolo und seine Kollegen, die ganz überwiegend in europäischen Ligen engagiert sind, hatten etwas gut zu machen. Die miserablen Auftritte Fidschis bei der WM 2011 waren der stolzen Rugby-Nation nicht würdig gewesen.

In der Anfangsphase des Spiels vor über 80.000 Zuschauern deutete jedoch alles nach einer gemähten Wiese für England hin. In der 13. Minute gelang der schnellste Try der WM-Geschichte: Fidschi war nicht in der Lage, das kraftvoll nach vorne drängende englische Maul den Regeln entsprechend aufzuhalten. Nach 22 Minuten lag der ganz in ungewohntes Rot gewandete Favorit bereits mit 15:0 in Führung, ein schrecklich schief gegangenes Lineout Fidschis hatte dessen zweiten Try durch Mike Brown eingeleitet. Dann jedoch trat Nadolo in Aktion, wuchtete seinen Luxuskörper hoch in die Luft, und fing einen von Flyhalf Ben Volavola herrlich quer über das Feld geschickten Kick hart bedrängt herunter: die ersten Punkte für Fidschi.

Erst glatt, dann einiges verkehrt

Das Erfolgserlebnis verlieh dem Team nun Schwung und Selbstvertrauen, während bei England mehr und mehr Sand ins Getriebe rieselte. Fidschi setzte alles daran, das Spiel so flüssig wie möglich zu gestalten, den Ball schnellstmöglich durch die eigenen Reihen wandern zu lassen. Das ist zwar risikoreich, behagte dem Gegner aber wenig. Darüber hinaus erlaubten sich die Mannen von Coach Stuart Lancaster auch viel zu viele Ballverluste und wirkten im Scrum verwundbar.

Auch ein Penalty von George Ford zum 18:8 kurz vor der Halbzeit konnte die Nerven nicht beruhigen. Nach dem Seitenwechsel setzten sich die Schlampigkeiten fort – auf beiden Seiten. Es sprach jedoch klar für den überraschend diszipliniert verteidigenden Außenseiter, dass England zu strukturierten Offensivaktionen weiterhin nicht in der Lage war. 20 Minuten lang ging es eher wüst hin und her, ehe ein Penalty von Volavola Fidschis Rückstand auf nur noch sieben Punkte verringerte. Davor hatte bereits Nadolo zwei solcher Versuche nicht nützen können. Die Mienen auf den Rängen des Nationalstadions im Südwesten von London wurden besorgter, nicht nur bei Lancaster. Es kam England in dieser kritischen Situation sehr zupass, dass der eingewechselte Owen Farrell quasi im Gegenzug mit ebenfalls drei Punkten kontern konnte.

Im Finish auch eine Fitnessfrage

Die Gastgeber rissen sich nun endlich zusammen, und mit Browns zweitem Try war die Entscheidung gefallen. Fidschi, durch immensen Einsatz sichtlich ermüdet, konnte nun nicht mehr dagegen halten. In den Schlussminuten setzte England alles daran, auch noch den einen Bonuspunkt versprechenden vierten Versuch zu legen. Das Unterfangen gelang in der Nachspielzeit, als Billy Vunipola sich durch eine Masse verzweifelt verteidigender Opposition wuchtete. Die Szene war unübersichtlich, es blieb dem Television Match Official (vulgo: Video-Schiedsrichter) vorbehalten, das Geschehene für gut zu befinden. Der Ball hatte die Linie erreicht, die Berührung eines einzigen weiß gekalkten Grashalms ist dafür ausreichend. Englands nächster Job wird nicht leichter und heißt Wales, für Fidschis Treffen mit Australien gilt nämliches. (Michael Robausch 19.9. 2015)

Rugby-WM, Gruppe A:

England – Fidschi 35:11 (18:8)

England – Tries: Mike Brown (22, 72), Billy Vunipola (81) Penalty Try: (13); Conversions: George Ford (13), Owen Farrell (74, 85) Penalty Goals: George Ford (3, 34), Owen Farrell (68)

Fidschi – Try: Nemani Nadolo (30) Penalty Goals: Nemani Nadolo (36), Ben Volavola (64)