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Japans Ministerpräsident will mit dem neuen Sicherheitsgesetz Auslandseinsätze der japanische Armee ermöglichen.

Foto: REUTERS/Yuya Shino

Tokio – Das japanische Parlament hat nach hitzigen Debatten die umstrittene Reform der Verteidigungspolitik verabschiedet, mit der erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg Soldaten zu Kampfeinsätzen ins Ausland entsandt werden könnten. Gegen die Reform hatte es viel Widerstand in der Bevölkerung gegeben. Nach Ansicht von Kritikern gibt Japan damit die pazifistische Grundausrichtung des Staats auf.

Die neue Militärdoktrin wurde am frühen Samstag (Ortszeit) vom Oberhaus in Tokio angenommen. Für die Reform stimmten nach Angaben von Senatspräsident Masaaki Yamazaki 148 Mitglieder des Oberhauses, dagegen votierten 90. Das Unterhaus hatte dem Gesetz bereits im Juli zugestimmt. In den vergangenen Wochen gab es fast täglich Massenproteste gegen die Reform, die vor allem von Regierungschef Shinzo Abe vorangetrieben wurde. Auch während der entscheidenden Sitzung des Oberhauses demonstrierten vor dem Parlament nach Angaben der Polizei 11.000 Menschen.

Misstrauensanträge

Mit allen Mitteln, darunter einer Serie von Misstrauensanträgen gegen Abes Kabinett, versuchte das Oppositionslager bis zur letzten Minute, die Parlamentsabstimmung zu verhindern. Darüber kam es sogar zu Handgreiflichkeiten mit Politikern des Regierungslagers.

Das neue Gesetz erlaubt der Regierung, die Streitkräfte zu Kampfeinsätzen ins Ausland zu schicken, selbst wenn die Sicherheit Japans nicht direkt bedroht ist. Mit der Reform wird eine nach dem Zweiten Weltkrieg auf Druck der USA eingeführte Bestimmung gestrichen, die den Einsatz der Streitkräfte ausschließlich zur Verteidigung des Landes erlaubte. Mit diesem Passus war de facto bisher jeder Kampfeinsatz im Ausland tabu.

Verstoß gegen Nachkriegsverfassung

"Ihr versucht, das Volk zu täuschen, und das Volk hat es gemerkt. Deswegen sind die Menschen dagegen", rief der wütende Oppositionsabgeordnete Tetsuro Fukuyama in einer letzten leidenschaftlichen Rede in der Nacht dem Regierungslager zu. Das "gewaltsame" Durchpeitschen der umstrittenen Gesetze sei ein eklatanter Verstoß gegen die pazifistische Nachkriegsverfassung, schrie er mit heiserer Stimme und den Tränen nah. Die Mehrheit im Volk lehnt die Sicherheitsreform laut Umfragen ab.

Regierungschef Abe sagte in der Nacht zum Samstag, die Gesetze seien notwendig, um den Frieden zu sichern. Er will vor dem Hintergrund der wachsenden militärischen Macht Chinas das Sicherheitsbündnis mit den USA mithilfe der neuen Militärdoktrin stärken. Zu diesem Zweck hatte die Regierung des Rechtskonservativen im Juli 2014 eine Neuinterpretation der Verfassung beschlossen, die nach dem Ende des verlorenen Krieges unter Federführung der amerikanischen Besatzung erstellt worden war.

"Zwar haben wir diesen Kampf verloren, aber doch zugleich gewonnen. Denn noch nie habe ich erlebt, dass Politik dem Volk so nah war", sagte der Oppositionspolitiker Fukuyama. Nun habe der Kampf um die Demokratie im Lande erst richtig begonnen.

Im kommenden Jahr stehen Wahlen zum Oberhaus des Parlaments an. Regierungschef Abe sagte, er werde sich weiter bemühen, dem Volk die Notwendigkeit der neuen Sicherheitsgesetze zu erläutern. (APA, 18.9.2015)