Zeitgleich mit der Netflix-Dokumentation "Keith Richards: Under the Influence" erscheint auch Richards' drittes Soloalbum "Crosseyed Heart".

Foto: J.Rose/Netflix

Wien – Es sind immer die großen Männer der Geschichte – hier der Musikgeschichte –, die Sätze sagen wie: "Life is a funny thing. You know?" Und darüber hinaus über das Erwachsenwerden und das Jungsein philosophieren können, ohne dass die Zuschauer die Augen verdrehen und sich an "Opas Geschichten" erinnert fühlen. So auch beim Leadgitarristen der Rolling Stones, Keith Richards.

Gitarren, Reggae, Elvis, Muddy Waters, Country, Mozart und ein bisschen Piano: Damit wäre die neue Dokumentation Keith Richards: Under the Influence – ab Freitag via Netflix verfügbar – grob zusammengefasst. Und trotzdem bietet sie so vieles mehr.

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Neben ruhigen Melodien und einfühlsamen Texten wird die Kunstfigur "Keith Richards" von dessen Kindheit über die Anfänge der Rolling Stones bis hin zu den aktuellen Projekten auf mehrfache Weise beleuchtet.

Richards’ musikalische Entwicklung von einem Buben aus South East England, der nur zwei Radiosender und eine Mutter mit außergewöhnlichem Musikgeschmack vorzuweisen hatte, bis hin zu einem der größten Rockstars aller Zeiten könnte man als steinig, anstrengend und schwer bezeichnen. Doch Richards tut das nicht.

Die positive Ausstrahlung, die mit seiner Person mitschwingt, lässt die Karriere als Leichtigkeit erscheinen. Und wahrhaftig wird nur über positive Erfahrungen geredet – zumal man sich fragt, ob die Rolling Stones nicht auch mal schlechte Momente hatten. Richards jedenfalls nicht.

Vielleicht liegt es am Piano, das für den 71-Jährigen allerdings nur als eine Art "Paintbox" gedacht ist – ein Malkasten für seine Kompositionen. Denn Klavier spielen kann er – laut eigenen Aussagen – nicht wirklich. Manchmal entsteht nur durch Zufall die richtige Melodie, versichert der Meister der Gitarre und schlägt lächelnd einen falschen Ton an.

Wer nun kein Fan der Rolling Stones oder des Rock-Genres ist, dem sei gesagt: Die Dokumentation bietet einen Einblick in das Wesen eines großen Künstlers, der niemals stur nur einen Weg geht, sondern sich auch noch in ehrwürdigem Alter in alle Richtungen entfalten will, um das zu machen, wofür er wohl geschaffen wurde. Die geistige Jugend, die er sich erhalten hat, lässt wohl manchen Zuschauer vor Neid erblassen, aber dazu kann Richards nur sagen: "You’re not grown up until that day, they put you six feet under."

Foto: J.Rose/Netflix

Zum Abschluss noch eine Überraschung für alle Musikliebhaber: Anfang 2016 soll ein neues Rolling-Stones-Album erscheinen – das erste seit zehn Jahren nach A Bigger Bang, das über zwei Millionen Mal verkauft wurde und in den österreichischen Charts Platz eins erreichte.
(Sandra Čapljak, 17.9.2015)