Johannes Maria Staud (li.) und Josef Winkler.

Johannes Maria Staud (li.) und Josef Winkler. Foto: Lisi Specht / Steirischer Herbst

"Das bloße Abrufen von Klischees der Avantgarde täuscht oft über die Blässe des Gedankens hinweg." Er ist kritisch in mehrfachem Sinne: gegenüber Heroenkult und Institutionen und nicht zuletzt hinsichtlich der Spielregeln zeitgenössischer Musik.

So wurde der 1974 in Innsbruck geborene Johannes Maria Staud am Ende seines Kompositionsstudiums an der Wiener Musikuniversität bereits verbal gegenüber der Haider-Schüssel-Koalition deutlich, kritisierte die Kulturpolitik seiner Tiroler Heimat hinsichtlich der (Nicht-)Thematisierung der nationalsozialistischen Vergangenheit oder erlaubte sich mit dem Publikum der Salzburger Festspiele den Spaß, ihm anlässlich eines Auftragswerks zunächst nur leicht geschminkten Mozart vorzusetzen und die Illusion gleich darauf zu stören.

"Das Schöne an der heutigen Situation ist, dass man in der Wahl der Mittel tatsächlich frei ist", sag Staud über seine künstlerische Grundüberzeugung. Unverkennbar ist er an den Mitteln der "Avantgarde" geschult, also an einer postseriellen, atonikalen Tonsprache mit einem hohen Bewusstsein für klangliche wie geräuschhafte Differenzierung.

Doch bringt er diese Welt regelmäßig mit Verunreinigungen und Irritationen zusammen, mit einem "Schuss Cage", wie er einmal sagte. Staud ist alles andere als ein Purist – und er ist der Überzeugung, dass Musik aus allen Bereichen befruchtet werden darf. So ließ er sich von Literatur ebenso inspirieren wie von Philosophien von der Antike bis zur Gegenwart, aber auch von bildender Kunst, Plastik und Film. Insofern ist er der richtige Mann für das Eröffnungsprojekt des Steirischen Herbstes, für das er gemeinsam mit dem Schriftsteller Josef Winkler eine installative Konzertperformance entwickelt hat.

Specter of the Gardenia oder Der Tag wird kommen ist von der gleichnamigen Skulptur des Surrealisten Marcel Jean aus den 1930er-Jahren inspiriert; Winkler schrieb einen Monolog für den Schauspieler Johannes Silberschneider, Staud Musik für die 22 Instrumentalistinnen und Instrumentalisten des unternehmungslustigen Ensemble Modern. (daen, Spezial, 18.9.2015)