Endlich Konkurrenz für den Tesla

"Die deutsche Automobilbranche läuft Gefahr, binnen eines Jahrzehnts von selbstfahrenden Elektroautos überrollt zu werden." Und: Das Showspektakel der IAA dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass "die deutschen Automobilhersteller allesamt vor der größten Herausforderung ihrer Firmengeschichte stehen". Sogar von der Götterdämmerung ist die Rede, wenn der Finanzanalyst Antonio Sommese, Director Wealth Management im Thinktank Diplomatic Council, losbrettert. "Den Topmanagern der deutschen Automobilwirtschaft ist die Dramatik der Lage nicht bewusst. Wenn sie jetzt schon Tesla nicht aufhalten können, wie sollen sie dann auch nur den Hauch einer Chance haben, wenn Apple in vier oder fünf Jahren antritt?", poltert er in einer Presseaussendung nur wenige Stunden bevor Porsche auf der IAA die Zukunftsidee präsentiert.

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Mission E heißt die Konzeptstudie, die selbst die größten E-Mobilitäts-Skeptiker kurz einmal schlucken lässt. Allein die technischen Zahlen sind beeindruckend: 600 PS leisten die beiden E-Motoren, die den Konzept-Porsche antreiben. In 3,5 Sekunden übrigens aus dem Stand auf Tempo 100 oder in unter zwölf Sekunden auf Tempo 200.

Bis zu 500 Kilometer weit soll der Viersitzer mit einer Ladung fahren, und nach nur 15 Minuten ist er an der 800-Volt-Ladestation wieder zu 80 Prozent geladen.

Porsche setzt als erster Hersteller auf die 800-Volt-Technik und meint: "Die Spannungsverdoppelung im Vergleich zu aktuellen Elektrofahrzeugen mit 400 Volt birgt mehrere Vorteile: kürzere Ladezeiten und weniger Gewicht, weil leichtere Kupferkabel mit reduziertem Querschnitt zum Energietransport ausreichen."

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Zwei permanent erregte Synchronmotoren, die jenem des Le-Mans-Siegerautos 919 Hybrid ähneln, treiben den Mission E an und rekuperieren auch. Porsche verspricht einen Antrieb mit einem hohen Wirkungsgrad und einer konstanten, vollen Kraftentfaltung – auch bei mehrmaligem Beschleunigen in kurzen Abständen. Allradantrieb und Allradlenkung sorgen für beste Performance, und Porsche protzt weiter: "Damit ist der Mission E fit für die Rundstrecke, auf der Nürburgring-Nordschleife bleibt er unter der Acht-Minuten-Marke." Mit der Rennsport-Ambition lässt man Tesla als Konkurrenten sogar hinter sich.

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Über die Optik lässt es sich bekanntlich vortrefflich streiten, was am Mission E aber sofort auffällt: Das Design ist so nahe am Serienbau, dass man Porsche gar nicht leichtherzig vorwerfen mag, dass sie hier mit einem Fahrzeug, das ohnedies nie in Serie gehen wird, Effekthascherei betreiben.

Nur eines ist schon jetzt klar: Bis der Wagen vom Band laufen wird, rinnt noch viel Strom durch die Teslas, die heute schon auf der Straße sind. Und preislich wird dieser Wagen einem Model S auch nicht in die Quere kommen. Zumindest auf dem Papier und beim ersten Mal Beschleunigen fährt das Model S P85D dem Porsche davon. 500 Kilometer Reichweite schafft er auch, Allradantrieb hat er ebenso. Komfortabler als ein Wagen mit Rennstreckenambitionen dürfte er auch sein.

Bleibt noch die Ladedauer. Und da wird sich auch bei Tesla wohl noch einiges tun, bis Porsche großflächig seine 800-Volt-Stationen in Betrieb nehmen wird. (Guido Gluschitsch, 15.9.2015)

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