Flüchtlingskinder, die in Österreich neu in die Schule einsteigen, lernen in den "Neu in Wien"-Kursen spielerisch die Unterrichtssprache Deutsch.

Foto: Christian Jobst

Über Bilder können die Flüchtlingskinder ausdrücken, was sie beschäftigt: Ein Schüler hat die Flucht aus Syrien nachgezeichnet.

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Wien – Die anhaltenden Flüchtlingsbewegungen nach Österreich stellen auch das Schulsystem vor große Herausforderungen. Die Zahl der Quereinsteiger – also Flüchtlinge, die erstmals in Österreich eine Schule besuchen – bereiten Wiens Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl und Stadtrat Christian Oxonitsch (beide SPÖ) aber kein Kopfzerbrechen.

350 schulpflichtige Flüchtlingskinder haben vergangene Woche erstmals eine Wiener Schule besucht, 38 davon waren Taferlklassler. Wienweit gab es heuer 16.700 Taferlklassler. "Mit der Anzahl der schulpflichtigen Flüchtlingskinder haben wir in Wien kein Problem", sagte Brandsteidl dem STANDARD.

Voll in den Regelunterricht einsteigen können die neu angekommenen Kinder logischerweise nicht, weil sie zum überwiegenden Teil kein Deutsch sprechen. Die "Neu in Wien"-Kurse sollen die Kinder darauf vorbereiten. Diese Einstiegskurse mit maximal 15 Schülern pro Gruppe gibt es schon seit einigen Jahren. Mit den aktuellen Flüchtlingsbewegungen wurden sie massiv ausgeweitet.

Zu Beginn gab es drei Standorte in Wien, 2014 waren es 15. Im Schuljahr 2015/16 sind 34 Einstiegskurse in Neuen Mittelschule und erstmals auch 35 Kurse in Volksschulen geplant.

Bis zu zwei Jahre "außerordentlich"

Schüler mit großen Deutschdefiziten können den Kurs fünfmal pro Woche besuchen, andere auch nur an einem oder mehreren Tagen pro Woche. Dazu kommen "Alphabetisierungskurse" – für jene Kinder, die erst das lateinische Alphabet lernen müssen. Bis zu zwei Jahre können die Schüler als "außerordentlich" geführt werden. Dann muss der Spracherwerb so gegeben sein, dass die Schüler dem Unterricht folgen können.

"Einige Schüler brauchen auch nur ein paar Wochen oder Monate im Kurs verbringen, weil sie so schnell Deutsch lernen", sagte Lehrerin Sabine Mayer. Sie leitet die "Neu in Wien"-Kurse in der Neuen Mittelschule (NMS) Svetelskystraße in Wien-Simmering.

In ihrem Kurs befanden sich am Montag zehn Flüchtlingskinder: Neun sind aus Syrien, ein Schüler kommt aus Afghanistan. Die Kommunikation erfolge zu Beginn "allein über Bilder oder mit Händen und Füßen", erzählt Mayer, die an der Uni Wien Deutsch als Fremd- und Zweitsprache studiert hat.

Kinder zeichnen Flucht nach

Über Bilder können die Kinder auch ausdrücken, was sie beschäftigt. Einige davon hängen hinten an der Klassenwand. Jagar hat seine Flucht nachgezeichnet: Von den Umrissen des syrischen Staates führt eine gepunktete Linie nach Österreich. Dazwischen sind immer wieder zwei Strichmännchen auf dem Fußmarsch sowie Autos gezeichnet.

Ziel des Kurses ist, dass die Kinder schnell dort in den Unterricht im normalen Klassenverbund einsteigen können, wo es keine große Sprachbarriere gibt. Mayer zählt die Fächer Mathematik, Turnen, Musik oder Zeichnen dazu.

Die Flüchtlingsbewegungen sollen laut Stadtschulrat hauptverantwortlich dafür sein, dass die Zahl der Schüler mit Deutschproblemen in Wien immer größer wird. 2014 gab es mit 12.100 Kindern 53 Prozent mehr "außerordentliche Schüler" als noch 2010. (David Krutzler, 15.9.2015)