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Bescheide des Finanzamtes können grundsätzlich beim Bundesfinanzgericht angefochten werden. Eine solche Bescheidbeschwerde hat aber nur dann aufschiebende Wirkung, wenn auch ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt wird.

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Wien – Der Verfassungsgerichtshof hat bereits 1986 ausgesprochen, dass ein gesetzlich vorgesehenes Rechtsschutzsystem ein "Mindestmaß an Effizienz" aufweisen muss. Dem Rechtsschutzwerber dürfen daher während des Rechtsmittelverfahrens nicht alle Nachteile aus der angefochtenen behördlichen Erledigung aufgebürdet werden. Wird etwa ein Bescheid im Instanzenzug bekämpft, so ist der Vollzug des Bescheides – von Amts wegen oder auf Antrag – einstweilen auszusetzen.

Die Praxis in Steuerangelegenheiten sieht oft anders aus. Dem Tätigkeitsbericht des Verwaltungsgerichtshofs ist zu entnehmen, dass 2013 mehr als 1232 Anträgen auf Gewährung aufschiebender Wirkung abgesprochen wurde, eine Bewilligung der aufschiebenden Wirkung erfolgte jedoch nur in 265 Fällen (21,5 Prozent). In der Praxis kann diese geringe "Erfolgsquote" freilich existenzbedrohende Auswirkungen haben.

Bescheide prinzipiell anfechtbar

Bescheide des Finanzamtes können grundsätzlich beim Bundesfinanzgericht angefochten werden. Eine solche Bescheidbeschwerde hat aber nur dann aufschiebende Wirkung, wenn auch ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt wird. Während eine solche Aussetzung im Beschwerdeverfahren üblicherweise bewilligt wird, ist die Rechtslage in der darauffolgenden nächsten – letzten – Instanz komplizierter.

Entscheidungen des Bundesfinanzgerichtes können mittels Revision an die Höchstgerichte in Abgabensachen (VwGH bzw. VfGH) bekämpft werden. Diese Revisionen zeitigen keine aufschiebende Wirkung. Eine solche kann nur dann bewilligt werden, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides ein unverhältnismäßiger Nachteil für den Steuerpflichtigen verbunden wäre.

Ein Beispiel aus der Praxis

Eine mittelständische Unternehmerin ist nach einer umstrittenen Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes mit einer Steuernachforderung in der Höhe von mehreren Millionen Euro konfrontiert. Ihr Anwalt bescheinigt ihr zwar aufgrund einer offenkundig fehlerhaften Rechtsansicht der Vorin-stanzen gute Chancen für das Revisionsverfahren vor dem VwGH. Doch da der Revision die aufschiebende Wirkung versagt wurde, muss die Steuerzahlung sofort erfolgen – was nicht möglich ist. Die Folgen: Insolvenz und der Verlust zahlreicher Arbeitsplätze.

An diesem Beispiel zeigt sich die Schwäche des Systems: Ein unverhältnismäßiger Nachteil für den Revisionswerber kann aufgrund der Millionenforderung vor dem VwGH zwar leicht argumentiert werden. Aber gerade die immense Höhe der Steuerforderung führt dazu, dass die aufschiebende Wirkung nicht bewilligt wird.

Steuereinbringung gefährdet

Die Rechtsprechung vertritt nämlich die Ansicht, dass zwingende öffentliche Interessen insbesondere dann der Gewährung aufschiebender Wirkung entgegenstehen, wenn damit zu rechnen ist, dass bei Abweisung der Revision – also bei Prozessverlust des Steuerpflichtigen – die Einbringlichkeit der Steuern gefährdet wäre.

Steht der Steuerpflichtige kurz vor der Insolvenz, wird die aufschiebende Wirkung daher nicht gewährt. Ist der Steuerpflichtige demgegenüber ausreichend liquid, dann ebenfalls nicht, da die einstweilige Steuerzahlung nicht mit unverhältnismäßigen Nachteilen verbunden ist.

Die Katze beißt sich hier in den eigenen Schwanz. Der Gesetzgeber ist hier dringend aufgefordert, diesem für Steuerpflichtige existenzbedrohenden Zirkelschluss einen Riegel vorzuschieben. (Franz Althuber, 14.9.2015)