Am Ziel: Flavia Pennetta

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New York – Flavia Pennetta ließ sich nicht mehr umstimmen. Vor wenigen Wochen entschied sich die Italienerin, ihre Karriere sein zu lassen. Pennetta ist eine erfolgreiche Tennisspielerin, bis auf Weltranglisten-Position zehn schaffte sie es, zehn Turniere und mehr als zehn Millionen Dollar Preisgeld gewann sie. Nur der ganz große Triumph fehlte. Bis Samstag.

Am Samstag, im Arthur-Ashe-Stadium zu New York, verkündete sie nach dem Endspiel der US Open ihren Entschluss. Das war so nicht geplant. Die große Bühne hätte an diesem Tag, wenn es nach den US-Tennisfans gegangen wäre, Serena Williams gehören sollen. Die Branchenleaderin hätte sich für ihren 22. Major-Titel und den vollendeten Kalender-Grand-Slam feiern lassen sollen.

Aber Williams durfte am Samstag nicht mehr auf die große Bühne. Stattdessen deren Halbfinalbezwingerin Roberta Vinci aus Italien und eben Pennetta. Vor wenigen Wochen konnte Pennetta wirklich nicht ahnen, was an diesem Samstag passieren würde.

Perfektes Ende

Im 49. und letzten Anlauf holte die 33-Jährige aus Apulien, bis dahin Weltranglisten-26., tatsächlich ihren ersten Titel bei einem Grand-Slam-Turnier. Keine andere Spielerin in der Open Era war beim ersten Major-Sieg älter als Pennetta. Nach 93 Minuten setzte sie sich gegen die 32-jährige Vinci, ebenfalls aus Apulien, Ranglisten-43., mit 7:6 (4), 6:2 durch. Pennetta schleuderte ihren Tennisschläger in die Luft, riss die Arme in die Höhe und lachte befreit.

"Ich habe gemerkt, dass ich nicht mehr zu jedem Zeitpunkt diese Power und Willenskraft habe. Die braucht man aber", sollte Pennetta später sagen. An diesem Samstagnachmittag zu New York brachte sie die Power und die Willenskraft auf. Aber an ihrem Entschluss wollte sie trotzdem nicht mehr rütteln. "Das ist die perfekte Art, ,Goodbye' vom Tennis zu sagen", sagte sie.

Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi und Pennettas Verlobter, der Tennisprofi Fabio Fognini, waren Ohren- und Augenzeugen. Mit dem Smartphone hielt Fognini, heuer in New York nach Sieg gegen Rafael Nadal im Achtelfinale gescheitert, die Glücksmomente fest. Es waren etliche Szenen dabei, die einen Platz im Familienalbum verdienen.

Freundinnen

Nach dem ersten italienischen Frauen-Finale in der Grand-Slam-Geschichte warteten die beiden Freundinnen Pennetta und Vinci gemeinsam auf die Siegerehrung. Seite an Seite auf zwei Stühlen – plaudernd und herzhaft lachend. "Roberta ist so etwas wie eine Schwester für mich. Wir haben vier Jahre im Tennis-Internat in Rom ein Zimmer geteilt", erzählte Pennetta.

Vinci hat indes noch Lust auf Tennis. Nach der Finalniederlage wirkte sie keineswegs geknickt. Nächstes Jahr will sie wieder in New York spielen. Das kündigte sie an. Pennetta will noch bis Jahresende weitermachen. Die Heimreise nach Italien trat sie nicht sofort an. "Renzi hat mir geraten, noch hierzubleiben, weil ganz Italien kopfsteht." (rie, sid, 13.9.2015)