Wien – Wenn er überaktiv ist, fördert der Signalüberträger Tyk2 Krebs. Doch er mobilisiert auch das Immunsystem, um Krebszellen und Viren zu töten. Wenn man seine Signalfunktion zerstört, den Rest jedoch intakt lässt, bleiben die guten Eigenschaften erhalten, während seine krebsfördernde Wirkung verschwindet, fanden Wiener Forscher heraus. Die Studie ist nun im Fachmagazin "Oncoimmunology" erschienen.

"Es gibt immer mehr Krebserkrankungen, vor allem bei Blutkrebs, wo eine Überaktivität von Tyk2 die Ursache ist", erklärt Mathias Müller vom Institut für Tierzucht und Genetik der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmed). Der Signalüberträger könne auch eine überschießende Immunreaktion fördern.

Deshalb würden derzeit Wirkstoffe entwickelt, die die bisher bekannte Funktion von Tyk2, die sogenannte "Kinase", hemmen: Signale zu übertragen, indem andere Eiweißstoffe ein "Fähnchen" (einen Phosphatrest) angehängt bekommen. Solche Medikamente wären sowohl gegen Krebs als auch bei entzündungsbedingten Krankheiten hilfreich, berichten die Forscher.

Kinase-Aktivität unterdrücken

Dabei könnte es jedoch Komplikationen geben, denn Tyk2 trägt wesentlich zur Reifung und Aktivierung von natürlichen Killerzellen bei. Sie sind Bestandteile des angeborenen Immunsystems und bilden die erste Abwehrreihe gegen Virusinfektionen und Krebserkrankungen. Die Killerzellen erkennen etwa Krebszellen und bombardieren sie mit diversen Eiweißstoffen, die sie zerstören. Eine Hemmung von Tyk2 könnte also auch die Krebsabwehr durch die eigenen Immunzellen schwächen.

Tatsächlich waren bei Mäusen, denen Tyk2 vollkommen fehlte, die natürlichen Killerzellen schlecht ausgebildet und sie konnten das Krebswachstum nicht mehr kontrollieren. Doch in Tieren, bei denen Tyk2 zwar vorhanden, seine Kinase-Aktivität jedoch ausgeschaltet war, wurde das Krebswachstum stark unterdrückt, und die natürlichen Killerzellen konnten Krebszellen effektiv abtöten.

Black Box: Tyk2

"Medikamente, die auf die Hemmung der Kinaseaktivität abzielen, stören das Immunsystem also nicht bei seiner Arbeit", erklärt Birgit Strobl von der Abteilung für Molekulare Genetik der Vetmed Wien. Diese Arzneimittel seien für die Krebstherapie somit vielversprechender als gedacht.

Welche Funktion Tyk2 neben der Kinaseaktivität hat, sei noch unbekannt, so Müller. Vielleicht ist es auch an einer anderen Stelle in den Zellen aktiv, oder es agiert am selben Ort auch mit anderen Eiweißstoffen. Tyk2 könne aber auch zusätzlich zu seiner handelnden Kinase-Funktion als Gerüst für andere Eiweißstoffe dienen, die etwa für die Reifung der natürlichen Killerzellen wichtig sind. (APA, 11.9.2015)