Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) will jetzt also den Bezirk Wien-Umgebung auflösen und damit – wie er stolz verkündete – den "größten Reformschritt seit den 70er-Jahren" einleiten. An dieser Stelle sei majestätsbeleidigend angemerkt: Wenn schon die Auflösung eines Bezirkes die größte Verwaltungsreform seit 45 Jahren darstellt, dann ist in diesem Bundesland in den letzten Jahrzehnten wohl nicht wirklich viel weitergegangen. Aber positiv betrachtet: Gut so. Eine Strukturbereinigung stand in diesem zerfledderten Bezirk längst an.

Kritik der betroffenen Bevölkerung, wie in der Steiermark nach den dortigen Gemeindefusionen, erwartet Pröll nicht. Da sollte er aber genauer über den Semmering schauen. Die hiesigen Politiker hatten zwar das Richtige getan, es aber von oben herab verordnet, zu wenig kommuniziert – und bei der Wahl einen Denkzettel bekommen. Franz Voves (SPÖ) ist seither Geschichte. Er pflegt, so verriet es jüngst sein ehemaliger "Reformpartner" und jetzige Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP), in seinem Garten Rosen.

Pröll scheint jedenfalls denselben Fehler zu machen und die Reform zu diktieren. Interessant ist natürlich der Zeitpunkt. Man darf vermuten, dass die Bundespräsidentenwahl hereinspielt und sich Pröll offenbar rechtzeitig als Macher in unruhigen Zeiten in Erinnerung rufen will. Als entsprechende Imagepolitur ist das auf eine "Jahrzehntereform" aufgeblasene Reförmchen wohl nur bedingt tauglich. (Walter Müller, 10.9.2015)