Wien – Das Haus der Geschichte wird in der Neuen Burg eingerichtet. Die Umsetzungsstrategie des Internationalen Beirats unter Vorsitz des Zeithistorikers Oliver Rathkolb wurde am Mittwoch vorgestellt. "Wir haben im gemeinsamen Dialog eine Lösung gefunden", sagte Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ).

Instrumentesammlung wird reduziert

Das Haus der Geschichte soll im ersten Obergeschoß der Neuen Burg errichtet werden und eine Publikumsfläche von 3.000 Quadratmeter inklusive der Stiegenhausflächen bieten. Die Sammlung Alter Musikinstrumente wird von 1.900 auf 1.600 Quadratmeter reduziert und künftig zum Teil im ersten Obergeschoß, zum Teil im Mezzanin gezeigt.

"Wir werden beim Architekturwettbewerb darauf achten, dass es innovative Vorschläge geben wird", so der Kulturminister. Inhaltlicher Schwerpunkt des Hauses der Geschichte werde die Zeit von 1918 bis heute sein, ausgehend aber von 1848. "Ziel ist, dass wir im November 2018 fertig werden. Dieses Ziel ist extrem ambitioniert."

Kosten noch unklar

Kostenschätzungen gibt es noch nicht. Die Ansiedlung in der Neuen Burg werde "deutlich billiger als ein Neubau", versicherte Ostermayer. Detaillierte Schätzungen sollen erst erarbeitet werden, bei der Kostenübernahme denkt der Minister an eine Zusammenarbeit zwischen Burghauptmannschaft, Wirtschafts- und Kulturministerium.

Im Kunsthistorischen Museum habe man bereits detaillierte Zahlen für den eigenen betroffenen Bereich, sagte dessen kaufmännischer Direktor Paul Frey. "Wir gehen mit diesen Zahlen am Montag in die Steuerungsgruppe und haben nie ein Hehl daraus gemacht, dass diese Neuaufstellung Geld kosten wird."

Am 14. September tagt die Steuerungsgruppe das nächste Mal. Als nächster Schritt wird laut Ostermayer eine Änderung des Bundesmuseengesetzes vorbereitet. "Der Vorschlag ist, dass wir das Haus der Geschichte andocken an die Österreichische Nationalbibliothek, dass wir Synergien nutzen, dass es aber einen eigenständigen Direktor, ein eigenes Budget, einen eigenen wissenschaftlichen Beirat, aber auch einen Publikumsbeirat geben soll." Der Expertenvorschlag sieht auch die Einrichtung einer eigenen Sammlung vor.

"Haus der Zukunft" nicht vom Tisch

Es sei sehr wohl daran gedacht, das Äußere Burgtor in das Projekt einzubeziehen, damit werde sich aber die kommende Steuerungsgruppe befassen, sagten Ostermayer und Rathkolb. Auch das von Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) eingebrachte "Haus der Zukunft" am Heldenplatz ist nicht vom Tisch.

Der Staatssekretär hält an der Idee einer "Future's Corner" als "Mischung aus Agora und Bibliothek der Ideen, aus Präsentations- und Interaktionsfläche", als "Begegnungszone mit der Zukunft" fest, sieht jedoch für ein "Haus der Zukunft" einen weiteren Zeithorizont, etwa mit der Rückübersiedlung des Parlaments um das Jahr 2020. "Wir wollen dafür einen offenen Bürgerbeteiligungsprozess, aber auch einen Stakeholder-Prozess." Zunächst gehe es darum, das im Regierungsübereinkommen enthaltene Haus der Geschichte umzusetzen.

Rathkolb betonte, "der erste Schritt ist die Etablierung eines Haus der Geschichte Österreich in der Neuen Burg. Die zweite Etappe, das haben wir immer thematisiert und forciert, wäre eine Weiterentwicklung des Heldenplatzes auch Richtung Parlament, und da ist ein Neubau natürlich eine von mehreren Optionen."

KHM verliert bis zu 20 Prozent

Das KHM versucht offenbar, das Beste aus der Situation zu machen: "Ich glaube, wir haben jetzt einen guten Zustand erreicht", sagt Frey – trotz des Umstands, dass auch die Hofjagd- und Rüstkammer Präsentationsflächen verliert. "Wir haben innerhalb des KHM-Museumsverbandes bei allen betroffenen Museen und Sammlungen eine Flächenreduktion von 15 bis 20 Prozent vorgenommen, können aber in Zukunft unseren Gästen eine vollwertige Museumspräsentation bieten", so der Direktor.

"Ich freue mich sehr, dass das Haus der Geschichte an der Österreichischen Nationalbibliothek angesiedelt wird", sagte deren Generaldirektorin Johanna Rachinger. "Es wird aber ein sehr eigenständiges Haus sein." Bei der künftigen Basisabgeltung müsse man größtmögliche Transparenz beweisen. Besonders begrüßte Rachinger die Schaffung eines wissenschaftlichen Beirats und eines Publikumsbeirats.

"Ich bin sehr froh, dass die Politik unsere Vorschläge und Empfehlungen so positiv aufnimmt", sagte Rathkolb. Dass der "Führerbalkon" einbezogen werde, sei "ein wichtiges Element der Auseinandersetzung. Der Beirat ist aber zur Auffassung gelangt, dass es wichtig ist, diesen Balkon nicht nur auf den März 1938 und Adolf Hitler zu reduzieren, sondern ihn in seiner ganzen historischen Bedeutung entsprechend zu kontextualisieren. Das wird eine einmalige Gelegenheit der Interaktion zwischen Kunst und Wissenschaft. Auf dieses Projekt freuen sich, glaube ich, schon viele Künstlerinnen und Künstler."

"Who are the Austrians?"

Die dramatischen Flüchtlingsbewegungen der Gegenwart seien im inhaltlichen Konzept auf jeden Fall berücksichtigt, so der Historiker: "Wir beginnen mit der Frage 'Who are the Austrians?' und beginnen mit den massiven Migrationsschüben über die Geschichte hinweg. Migration ist ein wichtiger Faktor, mit dem wir uns auseinandersetzen wollen."

Wie die neue Institution heißen wird, steht noch nicht fest. "Haus der Geschichte" sei der Arbeitstitel, sagte Ostermayer. "Aber auch 'Haus der Republik' würde mir gut gefallen."

Kritik von FP und Grünen

Skeptisch zeigen sich die Kultursprecher von FPÖ und den Grünen. Walter Rosenkranz (FPÖ) erteilt den Plänen eine klare Absage. "Nur um ein Prestigeprojekt der SPÖ durchzupeitschen, wäre ein Haus der Geschichte am Standort Neue Burg nicht verantwortbar", meint Rosenkranz heute in einer Aussendung. Durch das neue Projekt werde das Weltmuseum beschnitten und die Sammlung alter Musikinstrumente "verräumt". Außerdem sei zu befürchten, dass diese weltweit einzigartige Sammlung bei der Umsiedelung "großen Schaden nehmen wird".

"Das Konzept ist zwar nicht neu, es ist auch nicht schlecht, lässt aber zu viele Fragen offen", sagt dagegen Zinggl. Das Raum- und Ideenkonzept sei "im Wesentlichen das von Claudia Haas aus dem Jahr 2008". Inhaltlich können sich die Grünen in weiten Strecken mit dem Konzept identifizieren, sie kritisieren vor allem einen jahrelangen, intransparenten Diskussionsprozess und noch fehlende Kostenschätzungen.

"Angesichts der Budgetnot und dringend benötigter Gelder im Kulturbereich ist die Kostenfrage aber die einzig relevante Gretchenfrage", so Zinggl in einer Aussendung. "Beim insgesamt gleichbleibend mageren Kulturbudget bindet die Umsetzung eines Prestigeprojekts als ein weiterer musealer Tanker einmal mehr Ressourcen auf Kosten all jener Einrichtungen und Initiativen, die nicht unter dem großzügigen Protektorat der Republik stehen." (APA, 9.9.2015)