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Die Ölindustrie ist nur einer von mehreren Wirtschaftszweigen, die auf neuen Schwung im Iran hoffen.

Foto: AP Photo/Hasan Jamali

"OMV-Erdgasprojekt im Iran – Absichtserklärung unterzeichnet": Was am 21. März 2007 um 10.56 Uhr als trockene Eiltmeldung der Austria Presse Agentur über den Ticker lief, sollte sich als regelrechter Knüller erweisen – diplomatische Verstimmungen inklusive. Der Iran war wegen der Atomambitionen ein geächteter Staat, die USA machten Druck, Geschäftsbeziehungen mit dem Mullah-Staat sein zu lassen.

Die OMV hielt noch einige Zeit an dem Projekt fest, gab dann aber wie viele andere Konzerne auch nach. Ganz zurückgezogen hat sich die OMV freilich nie aus dem Iran: Ein Repräsentationsbüro in Teheran war und ist noch immer besetzt. Mittelfristig könnte durchaus mehr daraus werden. Investoren aus aller Welt riechen das große Geschäft – auf Dollarbasis, mit iranischen Rial oder mittels einer anderen Währung.

Italiener, Franzosen, Briten, Deutsche

Rainer Seele, der seit Juli im Chefsessel der OMV sitzt, ist Teil einer mehr als 220-köpfigen Wirtschaftsdelegation, die mit Bundespräsident Heinz Fischer an der Spitze noch bis Mittwoch Geschäftsmöglichkeiten im Iran sondiert. Vor ihnen waren schon die Italiener da, die Franzosen und Briten auch. Die Deutschen waren überhaupt die Ersten. Schon Mitte Juli war Wirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) mit einem Dutzend Firmenvertretern nach Teheran gereist.

Aus österreichischen Delegationskreisen hört man, der Zeitpunkt sei gerade richtig. Auf bis zu 500 Millionen Euro könnten die Exporte aus Österreich bis 2020 klettern. Österreichs Wirtschaftsdelegierter in Teheran, Georg Weingartner, ortet langfristig sogar ein Potenzial von mehr als einer Milliarde Euro. Zurzeit macht das gesamte Handelsvolumen zwischen Österreich und dem Iran nur einen Bruchteil davon aus (siehe Grafik). Mit 78 Millionen Einwohnern, der Großteil davon sehr jung, ist der Iran jedenfalls ein riesiger Absatzmarkt.

Veraltete Infrastrukturen

Die Kaufkraft der Menschen ist zwar deutlich geringer als beispielsweise in Österreich, Appetit machen den potenziellen Investoren aber vor allem die rund 100 Milliarden Dollar (90 Mrd. Euro), die das Land laut Schätzungen aus Erdölverkäufen auf ausländischen Bankkonten liegen hat. Dieser im Zuge der verhängten Wirtschaftssanktionen eingefrorene Schatz könnte möglicherweise schon 2016 zugänglich werden.

Das Geld kann gebraucht werden: Nach neun Sanktionsjahren sind rund 80 Prozent der Industrieinfrastruktur im Iran veraltet. Die Österreich-Vertretung in Teheran sieht nicht nur im Bereich Maschinen- und Anlagenbau gute Chancen für österreichische Firmen; auch bei Energie-, Abfall- und Umwelttechnologien, Schiene, Straße, Tourismus und Freizeitindustrie sei mit einer starken Nachfrage zu rechnen.

Sanktionen noch aufrecht

Noch sind die Sanktionen aufrecht, die der UN-Sicherheitsrat 2006 mit der Begründung in Kraft gesetzt hat, der Iran komme nicht der Aufforderung nach, die Urananreicherung einzustellen. Die Atombehörde IAEA hatte auch Zweifel, alles zu wissen, was im Nuklearsektor im Iran geschieht.

Der Iran hat unter den Sanktionen gelitten. Vor allem durch das 2012 von der EU verhängte Ölembargo verlor das Land fast 60 Prozent seiner Einnahmen, der stark eingeschränkte Bankverkehr behindert den Im- und Export von Produkten. Eine der Folgen: Iranische Unternehmer sind verstärkt in Nachbarländer ausgewichen.

Erste Strafen vor gut 30 Jahren

Noch weiter als UN und EU sind die USA gegangen, die vor gut 30 Jahren erste Strafen verhängten. Wegen angeblicher Unterstützung von Terroristen und des Strebens nach Massenvernichtungswaffen ließ US-Präsident Bill Clinton 1995 ein Handelsembargo folgen. Seit 2011 gelten US-Sanktionen gegen die petrochemische Industrie; Sanktionen gegen Energieunternehmen wurden verschärft.

Zurück zur OMV, die 2007 gemeinsam mit der National Iranian Oil Company eine Absichtserklärung über die Ausbeutung des South-Pars-Gasfeldes vereinbart hat: Es ist eines der größten Gasfelder der Welt. Neben der Exploration war auch eine Verflüssigungsanlage (LNG) und die Errichtung eines Exportterminals vorgesehen.

"Es ist toll, dass sich etwas bewegt"

"Es ist toll, dass sich etwas bewegt. Der Weg zum Ziel ist noch weit", sagte OMV-Sprecher Johannes Vetter dem STANDARD. Zudem sei es zurzeit in der gesamten Industrie eher schwer, Aufsichtsräte zum Lockermachen von Investitionsmitteln zu bewegen, nachdem unter dem Eindruck massiv gesunkener Ölpreise zuletzt querdurch Investitionsprojekte massiv zurückgestutzt worden sind.

Im Iran sind rund 350 österreichische Firmen regelmäßig geschäftlich aktiv, 36 mit eigenen Niederlassungen. Sechs davon sind mit einer eigenen Produktion vor Ort. (Günther Strobl, 7.9.2015)