Aber wo werden die alle Arbeit finden? Wir haben doch selbst 500.000 Arbeitslose? Da sollen wir auch noch Flüchtlinge aufnehmen, die ewig vom Sozialstaat leben werden?

So und so ähnlich kann man es dieser Tage in Gastgärten, in der U-Bahn und den sozialen Medien hören und lesen. Ist ja was dran, aber: Haben Sie schon versucht, für bestimmte, nicht besonders qualifizierte Arbeiten jemanden zu erträglichen Kosten zu bekommen? Haben Sie sich den Zuwandereranteil bei bestimmten Berufen, z. B. Krankenschwestern und -pflegern angesehen? Lesen Sie nicht immer wieder etwas über die Klagen "der Wirtschaft", man bekäme keine Leute bzw. keine Lehrlinge? Oder haben Sie sich schon einmal gefragt, wie quasi über Nacht ein riesiger Arbeitsmarkt für rund 60.000 Altenpflegerinnen aus der Slowakei und Rumänien entstehen konnte? Weil ein Bedarf da war und weil man Österreicherinnen dafür und zu diesen Bedingungen nicht findet.

Karl Aiginger, der Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes (Wifo), hat vor kurzem Aufsehen mit der Aussage erregt, man könne für zehntausende Asylwerber Beschäftigung finden, wenn man nur eine Strategie entwickle (es wurde berichtet, er habe 70.000 gesagt, das war aber die vermutliche Zahl der Asylwerber heuer; realistischerweise geht Aiginger von etwa 30.000 aus). Wo finden die Beschäftigung?

a) Facharbeiter. Am oberen Ende fehlen rund 10.000 Facharbeiter. Unter den Flüchtlingen gibt es auch solche, hier ist allerdings rasch Deutsch zu lernen Grundvoraussetzung.

b) Persönliche Dienstleistungen. Etwas weniger wichtig ist gutes Deutsch bei den unzähligen niedrig qualifizierten Tätigkeiten, die gemacht werden müssen, für die man aber niemanden findet: kleinere Reparatur-, Transport-, Garten-, Betreuungsarbeiten. Hilfe für alte Leute, die keine besondere Pflegeausbildung verlangt, die aber trotzdem notwendig ist.

c) Lehrstellen. Es fehlen auch tausende Lehrlinge, besonders im Tourismus, aber auch in der Industrie. Hier wird es etwas schwieriger, aber generell gilt: Wo ein Angebot und eine Nachfrage aufeinanderstoßen, sollte es eine Möglichkeit geben.

Voraussetzung ist natürlich die Erteilung des Asylstatus. Voraussetzung ist natürlich ein entsprechender Wille von Regierung, Sozialpartnern und (vor allem) Behörden. Voraussetzung ist laut Aiginger vor allem eine Strategie, die von diesen Akteuren (plus NGOs) auch unterschrieben wird: "Ohne Strategie ist die derzeitige Arbeitslosigkeit plus Flüchtlinge ein Problem."

Flüchtlinge sind "kurzfristig eine Belastung für die öffentlichen Haushalte", schaffen sich aber teilweise selbst ihre Arbeitsplätze im Kleinstunternehmertum und "mildern die Alterung der Bevölkerung" (Wifo).

Es gibt dann immer noch genug Probleme mit der Integration. Dies zu leugnen wäre kindisch. Aber was wären die Alternativen? Aiginger: "Unwürdige Behandlung einerseits oder neue Zäune und Rückabwicklung der Integration Europas. Das bringt Einkommensverlust für alle und eine politische Radikalisierung, die das österreichische Modell gefährdet." (Hans Rauscher, 4.9.2015)