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Das Niedrigzinsumfeld wirbelt Traditionen kräftig durcheinander. Die Sparzinsen sind mickrig. Banken müssten in dem derzeitigen Umfeld manchen Kreditnehmern für die Aufnahme eines Kredits quasi Geld bezahlen. Dass sie damit keine Freude haben, liegt auf der Hand.

Foto: AP/Karl-Josef Hildenbrand

Wien – Das Thema Negativzinsen wird Kreditnehmer und Kreditgeber aller Voraussicht nach noch länger beschäftigen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag nicht unerwartet bekanntgegeben, dass sie ihre Niedrigzinspolitik fortsetzt.

Die Niedrigzinsphase bereitet wie berichtet den Banken zunehmend Sorgen, weil damit auch die zur Berechnung herangezogenen Interbankensätze Libor und Euribor ins Minus rutschen. Ein solcher Negativzins bedeutet im Endeffekt, dass die Institute so manchen Kreditnehmern eine Zinsgutschrift gewähren müssten. Um dem vorzubeugen, informieren die meisten Banken ihre Kunden laufend durch entsprechende Briefe, dass sie den Sollzinssatz nicht negativ werden lassen, sondern ihn bei null einfrieren wollen.

Mit anderen Worten: Auch wenn die Niedrigzinsphase anhält und sogar weit ins Minus kippen sollte, wollen die Banken den betroffenen Kreditnehmern für die Aufnahme eines Kredits nichts auszahlen. Peter Bosek, Retail-Vorstand der Erste Bank, sprach sich jüngst für eine gesetzliche Regelung bei Negativzinsen für Kredite aus.

Erstes Urteil zu Fremdwährungskrediten

Einen ersten Erfolg kann der Verein für Konsumenteninformation (VKI) nun bei Fremdwährungskrediten verzeichnen. Bei Frankenkrediten wird häufig der Interbankenzinssatz Libor als Basis herangezogen. Er steht derzeit bei minus 0,75 Prozent. Dazu kommen Kundenaufschläge von 1,5 bis zwei Prozent (Bonitätsklasse 1).

Die Konsumentenschützer führten eine Verbandsklage gegen die Raiffeisenbank Bodensee. Wie viele andere Kreditinstitute hatte es die Bank abgelehnt, Negativzinsen an ihre Fremdwährungskreditnehmer weiterzugeben. Die Marge von 1,375 Prozent stelle die Untergrenze der Sollzinsen dar, teilte die Raiffeisenbank ihren Kunden per Brief mit. Solange keine Einwände erhoben würden, gehe man von einer einvernehmlichen Vertragsänderung aus.

Klage gegen Form der Vertragsänderung

Der VKI klagte sowohl gegen diese Form der Vertragsänderung als auch gegen die einseitig festgesetzte Zinsuntergrenze. "Ohne Obergrenze ist diese Art von Zinsklausel unzulässig", sagt VKI-Jurist Peter Kolba. Die Information per Brief komme einer einseitigen Vertragsänderung gleich. Das Landesgericht Feldkirch gab dem VKI Recht, das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Kolba rät betroffenen Kunden, solchen Schreiben der Bank ausdrücklich zu widersprechen. Unmittelbare Folgen hat das Urteil noch nicht, sagt er. Tatsächlich wird die Bank die Zinsen nicht auszahlen, sondern in Berufung gehen, wie Vorstand Walter Sternath auf Anfrage bestätigt. "Jetzt bleibt abzuwarten, wie der Oberste Gerichtshof die Rechtsfrage letztlich entscheiden wird. Gibt auch der OGH dem VKI Recht, dann werden die Banken die zwischenzeitlich angefallenen Negativzinsen zurückzahlen beziehungsweise gutschreiben müssen", sagt VKI-Mann Kolba. (rebu, 4.9.2015)