Die Hühner wohnen nur vorübergehend in Atzgersdorf, sie sind eigentlich auf einer Farm zu Hause.

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Der Markt erstreckt sich derzeit auf 20 mal 40 Metern. Die Initiatoren wünschen sich eine mehr als zehn Mal so große Fläche.

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Es wird nicht nur geerntet, sondern auch gelernt – Kinder erfahren, wie Honig hergestellt wird.

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Früchte an der frischen Luft pflücken, anstatt sie abgepackt aus dem Supermarktregal zu nehmen.

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Wien – Janosch, Piroschka und Tiffi freuen sich, wenn ihnen jemand ein welkes Stück Gemüse zum Naschen zuwirft. Die drei Hühner wohnen gemeinsam mit anderen Artgenossen vorübergehend im Freiluftsupermarkt in Wien-Liesing unweit der Schnellbahnstation Atzgersdorf. Eigentlich sind sie auf einem Bauernhof nahe Wien zu Hause.

In Atzgersdorf gibt es, neben frischen Eiern und Honig von den hauseigenen Bienenstöcken, etwa Paradeiser, Kartoffeln, Gurken und Melanzani – darunter auch alte und rare Sorten. Sie reifen unter freiem Himmel und warten darauf, gepflückt und verzehrt zu werden.

Kleines Pilotprojekt

Der Freiluftsupermarkt ist derzeit noch ein Pilot- und Zwischennutzungsprojekt. Die Fläche von 20 mal 40 Metern – die den Initiatoren von einem Bauträger temporär zur Verfügung gestellt wurde – sei nicht groß genug, um den Bedarf im Einzugsgebiet zu decken. Dazu bräuchte es mindestens einen Hektar an Gemüse- und Obstbeeten, sagt Marie-Theres Okresek. Sie ist Projektleiterin beim Planerkollektiv Bauchplan, das den Freiluftsupermarkt initiierte. Der Markt sei in der Pilotphase nicht ganztags geöffnet; Interessenten müssen sich voranmelden, denn die Ernte reiche derzeit nur für rund zehn Personen täglich.

Das Konzept zum Freiluftsupermarkt gebe es schon lange, erzählt Okresek. Er sollte im Rahmen eines Großprojekts urbaner Landwirtschaft in München entstehen, die bürokratischen Hürden waren aber groß. Bauchplan entschloss sich deshalb die Idee auf eigene Faust in München und Wien – "ohne Budget und selbstausbeuterisch" – umzusetzen. Denn man habe ausprobieren wollen, wie die Bevölkerung reagiert. "Jetzt wissen wir, es kommt an", so Okresek.

Niederschwelliges Angebot

Den Begriff Supermarkt im Projektnamen habe man gewählt, um zu zeigen, dass es sich um ein niederschwelliges Angebot handelt. Das Grundprinzip ist ähnlich: Kundinnen und Kunden kommen vorbei, wählen Produkte aus – in diesem Fall Obst und Gemüse direkt von der Pflanze –, und pflücken die Menge, die sie benötigen. Die Ware wird abgewogen und abgerechnet. Derzeit werde aber nur um eine freie Spende gebeten, weil Bauchplan im Pilotprojekt noch keine Konzession für den Verkauf landwirtschaftlicher Produkte hat.

Viele andere Gemeinsamkeiten hat der Supermarkt an der Freiluft mit einem konventionellen aber nicht. Einkaufstasche oder Behälter bringt man am besten selbst mit. Den Einkauf bekommt man "ungewaschen und mit Schönheitsfehlern" – denn es gehe um das Naturerlebnis. Und es kann vorkommen, dass nichts mehr übrig ist, weil alle reifen Früchte an dem Tag bereits geerntet wurden. Für viele sei es dann aber überraschend zu hören, dass nach nur 24 Stunden schon wieder rote Paradeiser von den Stängeln hängen. Der Markt habe einen pädagogischen Effekt: "Wir lernen wieder, wie wir uns selbst versorgen können", sagt Okresek.

Fairer Preis

Ob die Preise im Selbsterntemarkt mit jenen im gewöhnlichen Supermarkt mithalten können, das können die Initiatoren noch nicht abschätzen. Das sei aber auch nicht das Ziel. Man wolle künftig ein "gutes Produkt zu einem fairen Preis" verkaufen. Ziel ist, eine Fläche zu finden, die langfristig bestehen bleibt, wo der Markt rund um die Uhr geöffnet ist; etwa in Stadtentwicklungsgebieten, wo ein Freiluftsupermarkt mit dem Wohnbauprojekt mitgedacht und geplant wird. (Christa Minkin, 3.9.2015)