Wien – In Österreich gibt es schätzungsweise 1,5 Millionen Menschen mit chronischen Schmerzen. Die Versorgung dieser Patienten ist im europäischen Vergleich aber nur mittelmäßig. Das beklagten heimische Experten am Mittwoch in Wien anlässlich des heute in der Bundeshauptstadt beginnenden viertägigen Kongresses der Europäischen Schmerzföderation (EFIC).

In Österreich gibt es an die 40 spezialisierte Schmerzambulanzen, aus Kostengründen um neun weniger als noch vor zwei Jahren, sagt Wolfgang Jaksch vom Wiener Wilhelminenspital und Präsident der österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG). Diese Einrichtungen sind zum Teil aber nur vier bis acht Stunden pro Woche in Betrieb, eine flächendeckende Versorgung existiert nicht. So gibt es im Burgenland nur eine einzige Schmerzambulanz, in Vorarlberg überhaupt keine. In großen Krankenhäusern wie etwa im Wilhelminenspital oder im AKH Wien müssen Patienten oft monatelang auf einen Termin warten.

"Für die Versorgung von Schmerzpatienten gibt es keinen Auftrag von 'oben'", ist Jaksch überzeugt. Vorhandene Strukturen wie spezialisierte Ambulanten oder Akutschmerzdienste in Krankenhäusern basierten bisher in erster Linien auf dem persönlichen Engagement Einzelner. Ein Konzept zur abgestuften Versorgung von Schmerzpatienten, das die ÖSG vor sieben Jahren mit dem Bundesinstitut für Gesundheitswesen (ÖBIG) entwickelt habe, sei in der politischen Schublade verschwunden, beklagt Jaksch.

Auf das Bundesland kommt es an

Die ÖSG setzt ihre Hoffnungen nun auf eine Initiative der Grünen, auf die sich kürzlich alle Parteien verständigt haben. Demnach soll die Gesundheit Österreich GmBH im Auftrag des Gesundheitsministeriums Bundesqualitätsstandards für die Versorgung von Schmerzpatienten ausarbeiten.

Derzeit macht es nach Darstellung der Fachmediziner nämlich durchaus einen Unterschied, in welchem Bundesland der Patient unter Schmerzen leidet und welche Versicherung für ihn zuständig ist. Ob Krebspatienten die Kosten für Rapid Onset Opioids – rasch wirkende Mittel zur Behandlung sogenannter Durchbruchschmerzen – erstattet bekommen, wird von den Krankenkassen individuell entschieden, wie Hans Georg Kress, ehemaliger EFIC-Präsident, kritisiert: "Es ist ein Gnadenakt."

In einem anderen Fall sei einer Vorarlberger Schmerzpatientin beschieden worden, dass man die Kosten für die Behandlung im nahen Sankt Gallen in der Schweiz nicht mehr übernehme, da in Österreich dieselbe Leistung erbracht werde. In Vorarlberg gibt es allerdings keine Möglichkeit dafür.

Optimale Schmerzversorgung in weiter Ferne?

"Versteckte Gemeinheiten" nennt das Kress und bringt als weiteres Beispiel die Behandlung mit Capsaicin-Pflastern. Dieses Medikament, auch als Chili-Pflaster bekannt, habe es als einziges der in den vergangenen Jahren zugelassenen Schmerzmittel in die Kassen-Erstattung geschafft.

Nach der Erstbehandlung in einem Spital kann ein niedergelassener Arzt die Therapie übernehmen. Allerdings: Er wird für seinen etwa zweistündigen Aufwand nicht bezahlt. "Wir sind weit davon entfernt, dass chronische Schmerzpatienten die besten zur Verfügung stehenden Medikamenten bekommen", konstatiert Kress. (APA, 2.9.2015)