Graz – Wenn schädliche Pilze die Wurzeln von Nutzpflanzen befallen, droht Landwirten ein Totalverlust der Ernte. Statt künstliche Fungizide zu versprühen, könnte man den Pflanzen laut Grazer Forschern aber auch auf natürliche Weise helfen: mit Bodenbakterien, die die pflanzliche Widerstandsfähigkeit erhöhen.
"Die Nutzpflanzen sind durch den Klimawandel gefordert, durch Trockenheit und übersalzte Böden. Dazu kommen Nährstoffmängel durch den Einsatz von Monokulturen", zählt Christin Zachow vom Austrian Centre of Industrial Biotechnologiy (acib) die Herausforderungen auf, vor der die Landwirtschaft steht. Aus ihrer Sicht wäre es dennoch vielfach möglich, mit weniger Spritzmitteleinsatz auf den Äckern auszukommen. Sie forscht in Graz in einem Bereich des biologischen Pflanzenschutzes, bei dem chemische Pestizide am Feld durch natürliche Mikroorganismen ersetzt werden sollen.
Bakterien als Bodyguards
Um umweltfreundliche Pflanzenschutzmittel zu entwickeln, nutzen Zachow und Forscherkollegen von der TU Graz Möglichkeiten aus der Natur. Im Prinzip werden die Bakterien dabei tatsächlich von Anfang an – also ab dem Zeitpunkt der Einbringung ins Feld – als "Bodyguards" für Nutzpflanzen wie die Zuckerrübe, Mai, Raps, Tomaten oder Hirse eingesetzt: Bakterien, die das Saatgut umhüllen, sollen den Wurzelbereich der Nutzpflanzen besiedeln und Schädlinge abwehren. Beim Menschen übernehmen die Darmbakterien eine ähnliche Funktion.
Insgesamt sind fünf Unternehmen an dem seit 2011 laufenden Forschungsprojekt, das in Konkurrenz zu herkömmlichen Pflanzenschutzmitteln steht, beteiligt: "Wir wollen gesunde Pflanzen und letztendlich eine gesunde Nahrung haben – ein funktionierendes System im biologischen Pflanzenschutz ist eine echte Alternative zu Spritzmitteln", betont Zachow.
Zachow sucht zusammen mit ihrer Kollegin Gabriele Berg vom Institut für Umweltbiotechnologie der TU Graz nach Bakterien, die an extreme Umweltbedingungen angepasst sind und letztlich das Saatgut optimal schützen können: "Wir wollen wissen, welche Gene wann aktiv sind, damit die Bakterien unter den vorgefundenen Bedingungen ideal mit den Nutzpflanzen zusammenwirken." Bisher ist die Forscherin vor allem im Umfeld von Moosen und Flechten fündig geworden. Erfolgsversprechende Bakterienpopulationen werden nach genauer Identifizierung und Charakterisierung gezielt optimiert, damit sie ihre Wirkung bestmöglich entfalten kann.
Bewährungsprobe bestanden
Das Grazer Forscherteam hat bereits die Bakterienart Stenotrophomonas rhizophila in der salzigen Steppe von Usbekistan getestet. Dort habe man die Getreideausbeute mithilfe eines passenden "Mikrobioms" um 300 Prozent steigern können. Weitere erfolge habe man mit dem Einsatz von Pseudomonas poae bei Zuckerrüben in Süddeutschland erzielen können. (APA/red, 5. 9. 2015)