Wien – Die Wiener Polizei geht davon aus, dass hinter dem in der Nacht auf Dienstag gestoppten Schleppertransport eine "hochgradig organisierte" Bande steht. Der festgenommene 30-jährige Schlepper schwieg in den ersten Einvernahmen, sagte Polizeisprecher Thomas Keiblinger. Die Polizei versuche derzeit, an die Hintermänner zu kommen.

Die Schleppung dürfte in Ungarn begonnen haben, wo genau, war noch unklar. Die 24 Afghanen, die aus dem zugeschweißten Klein-Lkw gerettet wurden, konnten zu dem Ort keine Angaben machen.

Keine Frischluft in Laderaum

Laut Keiblinger hätten die Schlepper den Tod dieser Menschen in Kauf genommen. Wie gefährlich der Transport gewesen sei, habe sich gezeigt, als die Polizisten den Kleintransporter aufbrachen. Die Schlepper hatten demnach die seitliche Schiebetür von innen verschweißt und an der Außenseite der Hecktüren ein Riegelschloss angebracht. Sämtliche Fenster des Fahrzeuges waren von innen vergittert.

Deshalb konnte während der Fahrt keinerlei Frischluft in den Laderaum gelangen. Die Flüchtlinge, die sich im Laderaum befanden, hätten nicht die Möglichkeit gehabt, sich selbst zu befreien. Die 16- bis 20-jährigen Männer wollten höchstwahrscheinlich nach Deutschland. Hätte der Transport also noch länger angedauert, wären sie vermutlich erstickt. Da die Fahrt jedoch von der Polizei gestoppt wurde, waren die Flüchtlinge in einem einigermaßen guten Gesundheitszustand.

Mikl-Leitner schockiert

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zeigte sich Mittwochnachmittag schockiert über die Brutalität jener Schlepper. "Nein, so brutal", sagte Mikl-Leitner kopfschüttelnd, als sie in Wien-Landstraße bei einem Pressetermin das Fahrzeug begutachtete. "Unmöglich und unmenschlich!" Die Flüchtlinge, jugendliche Afghanen, berichteten von der skrupellosen Vorgangsweise der Schlepper. Während der Lenker bereits bei laufendem Motor am Fahrersitz Platz genommen hat, hatte ein Komplize die 16- bis 20-jährigen Burschen in das Auto "hineingestopft", berichtete Keiblinger. Die Burschen waren auf knapp sechs Quadratmeter zusammengepfercht. Wenn sie nicht rechtzeitig gefunden worden wären, dann hätte das "sehr tragisch und sogar mit dem Tod dieser Menschen enden können", meinte Keiblinger.

Die Schlepper hätten arbeitsteilig agiert, um im Fall des Auffliegens eine Identifizierung der Beteiligen unmöglich zu machen. Die Polizei arbeitet auf Hochtouren, um an die Hintermänner der Kriminellen zu kommen. Bisher gab es die Festnahme des 30-jährigen Fahrers, ein Rumäne, der sich in der Einvernahme schweigsam zeigte. "Welche Ängste diese Menschen in diesem Transporter gehabt haben müssen, ich glaub, das kann sich niemand von uns vorstellen", sagte Mikl-Leitner. "Das war im wahrsten Sinne des Wortes eine Lebensrettung." (APA, 2.9.2015)