Das ehemalige Restaurant Schottenhof im Wienerwald wurde aufwendig renoviert.

Foto: Gerhard Wasserbauer

"Geschmorte Kalbsbackerl" sind weich, saftig und geschmacksintensiv.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das neue Restaurant im Schottenhof ist so etwas wie die Operettenversion eines Edelwirtshauses. Der Laden heißt Chalet Moeller, und es ist nicht ganz klar, ob das gewollt oder unfreiwillig komisch ist. Auf der Cocktailkarte stehen "Chaletinis", die Rindssuppe heißt "Beef Tea" und die "Krautfleckerl-Interpretation" wird mit "Schinkenschaum-Reduktion" serviert. Das Gute: Vieles ist dann gar nicht so schrecklich, wie es klingt.

Der Schottenhof liegt an der Amundsenstraße zwischen Hütteldorf und Neuwaldegg und ist Autofahrern bekannt als 30er-Zone mitten im Wald am Weg von der Westautobahn in die Stadt. Nach einigen Jahren Leerstand wurde das Haus komplett renoviert. Außen ist eine adrette überdachte Terrasse mit jeder Menge Holz dazugekommen, die neue Innenausstattung – blassgrüne Samtbezüge, kleine Kristallluster, grelle Beleuchtung – lädt ein, diese Terrasse auch bei Schlechtwetter zu benutzen. Auch die Gästeschar hat sich gewandelt: Früher stärkten sich hier Ausflügler bei Bier und Backhendl, Omas und Tanten wurden zum sonntäglichen Kaffee und Kuchen ausgeführt. Jetzt fühlt man sich hier ohne weißen Anzug, Lederschlüpfer oder Föhnfrisur etwas einsam.

Junger Chef

Küchenchef ist der erst 23-jährige Roman Moeller, der bereits im Plachutta, im Le Loft und im Landhaus Bacher werkte. Laut Homepage soll sein Haus "der neue Botschafter der modernen österreichischen Küche" sein, "die regional und saisonal neu interpretiert wird". Die Speisekarte widerlegt diese Behauptung souverän (Papaya-Avocado-Salat, Pilzrisotto mit Jakobsmuscheln, seit drei Monaten unverändertes Angebot) – das Essen ist aber trotzdem manchmal seltsam, aber meistens gut.

Die "Lammbratwurst" zur Vorspeise ist saftig und schmeckt kräftig nach Lamm. "Lachsforellen-Tatar" bekommt leider neben anderem Chichi – "Ziegenkäsecreme/Avocado-Creme" – auch Sardellen auferlegt, was das Tatar unangenehm fischeln lässt – nicht der Geschmack, den man sich von rohem Fisch wünscht. Der "Beef Tea mit Tafelspitzravioli" entpuppt sich als stark reduzierte Rindssuppe mit malzigem, geröstetem Knochengeschmack – gar nicht übel. Bloß die Tafelspitzravioli erinnern ein wenig an Dosenware.

"Geschmorte Kalbsbackerl" sind weich, saftig und geschmacksintensiv, dass statt Erdäpfelpüree "Kartoffelespuma" angepriesen wird, ist bei dem Konzept stimmig und schadet dem Geschmack zumindest nicht. Der Rehrücken ist außen gut geröstet, innen schön blutig, die Beilage – "Briochewürfel / Amaranth / Briochecreme / eingelegte Marillen" schmeckt, würde als Dessert aber besser funktionieren. "Krautfleckerl-Interpretation" mit "Schinkenschaum-Reduktion" sind drei Riesenravioli auf Schinkensauce, gefüllt mit speckigem Krautpüree. Das lässt an Skihütte und Pürierstab denken, ist aber sehr schmackhaft und für den Preis wohlfeil.

Der "Chaletini" sieht aus und schmeckt wie von Swarovski designt, sonst ist die Getränkekarte aber erfreulich: Wiener Original vom Fass, ein bisserl Craftbeer und hausgemachte Limos. Die Weinkarte ist kurz, aber äußerst freundlich kalkuliert. Das hilft auf dem Weg zur Operettenseligkeit. (Tobias Müller, Rondo, 4.9.2015)