Solche Bilder sind an den österreichischen Bahnhöfen selten zu sehen: Hunderte Flüchtlinge sind am Montag gegen 18.10 Uhr mit dem Railjet 64 aus Budapest am Wiener Westbahnhof angekommen. DER STANDARD konnte einen Teil von ihnen auf einigen Stationen der kurzen Österreich-Reise begleiten – vom Haupt- zum Westbahnhof und bei der Abfahrt nach Deutschland.

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Erschöpft, aber glücklich

Die Menschen im überfüllten Zug aus Budapest waren sichtlich erschöpft. Viele Frauen hielten ihre Kleinkinder im Arm, saßen auf den wenigen nicht reservierten Plätzen im Railjet 64. Die meisten Männer und Jugendlichen saßen auf dem Boden.

In Österreich bleiben wollen sie nicht. "We are going to Germany", erzählte eine junge Mutter aus Syrien. Sie ist mit ihren drei Kindern und ihrem Mann schon seit zwei Monaten unterwegs. Die vergangenen zehn Tage habe sie mit ihrer Familie in Ungarn verbracht, weil sie die Polizei nicht habe weiterfahren lassen. Montagfrüh gegen 9 Uhr konnten sie aber völlig überraschend in den Zug nach Wien steigen und die Reise fortsetzen.

Erschöpft, aber glücklich waren auch die vielen Kinder im Zug. Sie dürfen gemeinsam mit ihren Eltern nach "Alemania" weiterreisen.
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Trotz der Strapazen und der stundenlangen Reise strahlte die dreifache Mutter vor Glück. "We are so happy to be here", sagte sie mit zittriger Stimme. Auf der Durchreise in Mazedonien und Serbien hätten ihnen die Polizei und die Menschen vor Ort geholfen und sie mit Essen und Wasser versorgt. Von Ungarn spricht sie hingegen nicht sehr gern. Sie wollten einfach nur weiterreisen.

Im Zug aus Budapest ist jeder Platz belegt. Kurz vor dem Westbahnhof wird es hektisch. Alle wollen nach Deutschland.
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Am Westbahnhof angekommen, stürmten hunderte Personen aus dem Zug nach draußen. "Where is the next train to Alemania?", hieß es hektisch. Einige Freiwillige zeigten den Weg zum richtigen Bahnsteig. "Refugees Welcome"- Schilder waren in der Menge zu sehen, und auch Obst und Wasser wurden verteilt.

Keine Kontrollen

Insgesamt wurden auf drei Bahnsteigen Züge bereitgestellt. Schnell stiegen alle in den Railjet nach München oder den ICE nach Salzburg ein. Verschwitzt und mit wenig Gepäck versuchten die Menschen noch einen Platz auf der allerletzten Station zu ergattern. Die ÖBB-Mitarbeiter waren freundlich, aber offenkundig überfordert. "Was jetzt passiert, bestimmen die von ganz oben", sagte ein Mitarbeiter der Bahn. Sie müssten lediglich für eine sichere Abfahrt sorgen.

Bei der Ankunft am Westbahnhof wollten alle schnell in den Railjet nach München umsteigen.
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Einzelne Polizisten waren vor Ort. Kontrollen wurde aber nicht durchgeführt. Es wurde lediglich versucht, Chaos zu vermeiden. Kein Vergleich zum großen Polizeieinsatz vor einigen Wochen am Westbahnhof, bei dem 93 Flüchtlinge aus Syrien, Pakistan, Afghanistan und Bangladesch aufgegriffen worden waren. Diesmal wurde die Weiterreise nach Deutschland gewährt. Es sei dieses Mal ein zu großer Strom an Flüchtlingen gewesen, meinte Polizeisprecher Roman Hahslinger. "Das Beste ist es, jetzt vor Ort zu helfen." Die meisten würden eben nach Deutschland weiterreisen wollen. Was mit ihnen geschehen wird, wenn sie München erreichen, ist "Sache der Deutschen", sagte Hahslinger. (David Stojanoski, 1.9.2015)