Waffenstillstand in der ersten Schulwoche: Der Vertreter der OSZE in der Ukraine-Kontaktgruppe, der Österreicher Martin Sajdik, präsentiert ein Ergebnis der jüngsten Verhandlungen in Minsk

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Minsk/Brüssel/Wien – In der Ostukraine gibt es neue Hoffnung auf eine Umsetzung der im Februar vereinbarten Feuerpause zwischen der ukrainischen Armee und prorussischen Separatisten. Bei einem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe in der weißrussischen Hauptstadt Minsk haben sich beide Seiten auf einen neuen Anlauf zur Beendigung des Blutvergießens geeinigt: Ab Beginn des neuen Schuljahres am 1. September sollen die Waffen schweigen, erklärte der OSZE-Vertreter in der Kontaktgruppe, der Österreicher Martin Sajdik, nach dem Treffen am Mittwochabend.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatte sich angesichts der verstärkten Gewalt im Donbass zuletzt besorgt über die Entwicklung gezeigt. Fast täglich berichten die Konfliktparteien von Toten. Am Donnerstag meldete ein ukrainischer Militärsprecher, dass allein in den vergangenen 24 Stunden sieben Armeeangehörige getötet und 13 weitere verletzt worden seien. Seit Mitte Juli seien nicht so viele ukrainische Soldaten innerhalb eines Tages ums Leben gekommen, hieß es.

Obama appelliert an Moskau

US-Präsident Barack Obama hat Russland indes zu mehr Einsatz bei der Beilegung der Ukraine-Krise aufgerufen. Die Regierung in Kiew mache Fortschritte bei der Umsetzung des Minsker Friedensabkommens vom Februar, teilte das Weiße Haus am Mittwochabend (Ortszeit) nach einem Telefonat Obamas mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel mit. Nun müsse auch Moskau handeln.

Zum Hoffnungsschimmer, den die vereinbarte Einhaltung der Waffenruhe ab 1. September auch für die Zivilbevölkerung bedeutet, kommen für die Ukraine positive Nachrichten aus Brüssel und von den westlichen Gläubigern. Nach Einschätzung von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker können die Menschen in der Ukraine auf einen zügigen Wegfall der Visapflicht für Reisen in Mitgliedstaaten der EU hoffen. Das Land habe bei den zu erfüllenden Voraussetzungen zuletzt enorme Fortschritte gemacht, sagte Juncker am Donnerstag nach einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko in Brüssel.

Schuldenschnitt

Nach monatelangem Ringen haben westliche Gläubiger der von der Pleite bedrohten Ukraine bis zu 3,8 Milliarden Dollar (3,33 Mrd. Euro) Schulden erlassen. "Der von unseren Gegnern erwartete Staatsbankrott wird nicht stattfinden", betonte Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk am Donnerstag in Kiew.

Die Regierung habe nach fünfmonatigen zähen Verhandlungen ein Abkommen mit einer westlichen Gläubigergruppe unterzeichnet, teilte Finanzministerin Natalia Jaresko mit. Demnach werden der krisengeschüttelten Ex-Sowjetrepublik 20 Prozent ihrer Verbindlichkeiten – rund 3,6 bis 3,8 Milliarden US-Dollar – erlassen. Die Restschuld von etwa 15 Milliarden Dollar soll in einem Zeitraum von 2019 bis 2027 zurückgezahlt werden, hieß es.

Neues gab es am Donnerstag auch zum Fall des im Juli 2014 über der Ostukraine abgeschossenen Passagierflugzeugs MH17, bei dem alle 298 Menschen an Bord ums Leben gekommen waren: Wie der für die Untersuchung zuständige niederländische Sicherheitsrat in Den Haag mitteilte, soll der Abschlussbericht über die Unglücksursache am 13. Oktober veröffentlicht werden. Die Ermittlungen weisen darauf hin, dass das Flugzeug von einer Luftabwehrrakete des Typs Buk getroffen wurde. Russland und die Ukraine machen sich gegenseitig für den Abschuss der Maschine verantwortlich. Die Niederlande leiten die Untersuchungen, zumal aus diesem Land die meisten Opfer kamen. (red, 27.8.2015)