In Bälde entscheidet sich, ob der Kornspitz eine geschützte Marke ist, oder ein Allgemeinbegriff. Peter Augendopler, der mit Backmischungen weltweit expandiert, hofft auf Ersteres.

Backaldrin

Wien – Rein äußerlich könne er einen echten Kornspitz nicht vom unechten unterscheiden, sagt Peter Augendopler. Ein Biss und ein Blick ins Innere des Weckerls enthüllten aber seine wahre Identität. Vier bis fünf Millionen Stück davon werden täglich weltweit verkauft. Augendoplers Eltern erfanden die Rezeptur, und er baute die Marke international auf. Ob sie eine solche bleibt oder zum Allgemeinbegriff wird, entscheidet in Bälde der Oberste Gerichtshof.

Augendoplers Familienbetrieb Backaldrin versorgt Bäcker in 100 Ländern mit Backmischungen für Kornspitze. Ein Mitbewerber befand, dass diese nicht unverwechselbar seien und längst ein Alltagswort. Also zogen die beiden vor Gericht. Sollte er dort nun eine Niederlage erleiden, bedrohe das nicht seine Existenz, sei jedoch unangenehm, sagt Augendopler. "So was steckt man nicht locker weg." Er habe 30 Jahre lang in den Kornspitz investiert.

Augendopler ist an Hürden gewöhnt. Länder, in die er mit seinen Backwaren expandierte, wurden zu wirtschaftlichen und politischen Krisenherden. 80 Prozent seiner Geschäfte macht er im Export, 500 seiner 780 Beschäftigten arbeiten im Ausland. In Moskau besitzt Backaldrin eine große Vertriebsniederlassung, in Jordanien wird an Ort und Stelle produziert.

Embargo und Rubelverfall

"Syrien, Jemen, Irak, Libyen – das waren gute Märkte. Sie gingen uns völlig verloren." In Russland erzwang das Embargo gegen westliche Lebensmittel neue Rezepturen. Weit größere Probleme bereitete aber der Rubelverfall, erzählt Augendopler. Der Kornspitz sei in Folge in Russland und der Ukraine vielen Kunden zu teuer geworden. "Sie sparen, das kostete uns Umsätze. Aber da müssen wir durch." Die Erträge seines Unternehmens sind in den vergangenen Jahren gesunken, was er auch auf die über lange Zeit hohen Rohstoffkosten zurückführt. Beim Umsatz legt Backaldrin stetig zu. 2014/15 stieg er um sieben Prozent auf 156 Millionen Euro.

Es sind neue Märkte in Asien und Afrika, in denen Augendopler mit Backmitteln Fuß fasst. In Indonesien etwa, Vietnam oder Malaysia. In China heißt sein Kornspitz Edelweiß – das sei ob des fehlenden "r" halt leichter auszusprechen, sagt Augendopler. Aber für viele Chinesen sei so ein Weckerl ohnehin ungenießbar, sie würden süßes, weiches Brot bevorzugen. Darum beschränke er sich dort lieber auf internationale Hotels und Flughäfen. Sechs Kilo Brot essen Chinesen pro Kopf im Schnitt im Jahr. Auf gut 72 Kilo kommen die Österreicher, besagen Statistiken. Augendopler geht von rund sieben Kilo weniger aus.

Sterben der Bäckereien

Während in Asien die langsam wachsende Brotkultur neue Backshops für junges Publikum aus dem Boden schießen lässt, zerbröselt in Österreich die Zahl der kleinen Bäcker. Pleiten sind an der Tagesordnung. Allein im Ländle erwischte es heuer fünf Betriebe. "Die Insolvenzen treffen mich menschlich", sagt Augendopler, er kenne den Großteil der betroffenen Familien persönlich. Doch auch wenn seine Kunden in Summe weniger werden – an der Menge der Backmischungen ändert sich nichts: Sie wandern vermehrt zu großen Lieferanten des Lebensmittelhandels.

Augendopler ist 69, im Betrieb sind neben seinen Kindern familienfremde Manager im Einsatz. Er selbst habe operativ bereits das meiste losgelassen. "Nichts ist so schön", sagt er, "als zu sehen, dass die Kinder vieles besser machen." (Verena Kainrath, 27.8.2015)