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Knapp jeder zweite Schüler fühlt sich in seiner Klasse unwohl. Der Grund: Bullying.

Foto: APA/PH OÖ

Wien – Ein Teil der Schüler kann sich auf den Schulbeginn freuen. Die zweite Hälfte fürchtet sich davor: Denn jeder zweite Schüler fühlt sich in seiner Klasse unwohl. Davon betroffen sind vor allem männliche Jugendliche. 46 Prozent der heimischen Schüler haben mit Bullying – der körperlichen und psychischen Schikane durch andere Mitschüler zu kämpfen. Das zeigt eine Studie der Notrufeinrichtung "147 Rat auf Draht" und dem SOS Kinderdorf.

Laut einer Erhebung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist der Anteil an gemobbten Schülern in keinem anderen europäischen Land so hoch wie in Österreich. Das spiegelt sich auch in der Rat-auf-Draht-Studie wider: 46 Prozent der Jugendlichen waren demnach in den vergangenen Monaten von Bullying betroffen, unter den Neun- bis 14-Jährigen war der Anteil mit 71,7 Prozent besonders hoch. Zwei Drittel der Befragten gaben außerdem an, jemanden zu kennen, der von Mitschülern gemobbt wird.

Beschimpfungen und Beleidigungen stehen laut Studie auf Platz eins der Bullyingstrategien. Bei den Mädchen folgt darauf das systematische Ausschließen einer Person, bei den Burschen hingegen die körperliche Gewalt. "Die Mehrheit der Betroffenen versucht, das Mobbing einfach zu ignorieren", erklärt Elke Prochazka, Psychologin bei 147 Rat auf Draht. "Wenn das Mobbingopfer aber nicht sagt, dass es ihn stört, dann denken die Mobber automatisch, dass ihr Verhalten okay ist. Hier kann man in der Prävention ansetzen", betont die Expertin.

"Schule muss ein gewaltfreier Ort sein"

Während vom "persönlichen" Bullying eher jüngere Schüler betroffen waren, sind es beim Cybermobbing tendenziell eher die älteren und weiblichen Jugendlichen. Insgesamt gaben rund 30 Prozent der Befragten an, in den vergangenen Monaten über das Internet oder Handy von anderen belästigt worden zu sein. Im Unterschied zum Bullying in der Schule ignorieren die Betroffenen die Beschimpfungen aber nicht, sondern handeln. "Sie blockieren die Mobber einfach. Viele tun das sogar schon im Vorhinein, wenn sie merken, dass sie mit jemandem Probleme haben", sagt Prochazka.

Rund die Hälfte aller Jugendlichen, die schon einmal mit Bullying (im Internet oder in der Schule) zu kämpfen hatten, gab an, sich Hilfe geholt zu haben. Mädchen trauen sich dabei mit 52,2 Prozent eher, jemanden ins Vertrauen zu ziehen, als es bei den Burschen der Fall ist (35,7 Prozent). Bei der Frage, wie man einem Mobbing-Opfer helfen kann, waren sich die 340 online und in Fokusgruppen befragten Schülerinnen und Schüler einig. "Sobald jemand da ist, der einem glaubt und einen ernst nimmt, hilft das ungemein. Dabei ist es ganz egal, ob es sich um einen Mitschüler, einen Freund außerhalb der Schule oder um Lehrer bzw. Eltern handelt", betont Prochazka.

Die befragten Schüler gaben zudem an, dass Bullying Konsequenzen – wie etwa das Vorsprechen beim Direktor – haben sollte. Auch mit Kummerkästen an Stellen, an denen anonym Zettel eingeworfen werden können und eine gestärkte Klassengemeinschaft – beispielsweise durch gemeinsames Kochen, Vorträge und Workshops – könne man Bullying einstellen oder vorbeugen. "Es muss unser Ziel sein, dass die Schule ein gewaltfreier Ort ist. Mit den Erfahrungen, die uns die Schüler anvertraut haben und mit internationalen Modellen, können wir hier noch sehr viel verändern", ist die Psychologin Prochazka überzeugt. (APA, 26.8.2015)