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Christian Konrad wird neuer Flüchtlingskoordinator.

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Christian Konrad kann fast alles. Als ehemaliger Raiffeisen-Generalanwalt wäre der neue "Regierungs-Koordinator" (der "Kurier" in XXL-Lettern) jederzeit als Agrarminister einsetzbar. Als Vorstand der "Freunde der Albertina" würde er sicher auch die österreichische Kultur managen. Als Landesjägermeister von Niederösterreich über 21 Jahre hinweg (bis 2012) würde der Schusskundige auch die Landesverteidigung übernehmen können. Und als ehemaliger Präsident der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft auch das Wissenschaftsressort.

Aus der Liste seiner unbestreitbaren Verdienste wird jetzt das soziale Engagement hervorgehoben, darunter sein Engagement für Straßenkinder in Rumänien seit Anfang der 1990er-Jahre. Das und die Management-Erfahrung überdecken in den ersten Reaktionen (u. a. von Erhard Busek in der "ZiB 2") die durchaus auch brutale Verbindung von Macht und Management im 18-jährigen Wirken Konrads als Raiffeisen-Oberboss.

Man kann dem Kanzler und dem Vizekanzler unterstellen, dass sie nicht nur Konrads Autorität und noch immer vorhandene Macht nützen wollen. Konrad ist nach wie vor für alle Medienbeteiligungen von Raiffeisen zuständig, im "Kurier" kann er direkt anschaffen – als Aufsichtsratspräsident, was ihm vorauseilenden Gehorsam sichert. Das alles hat Durchgriffsqualität – bis hin zum "Profil" und zu "Österreich", das Konrad trotz der aufgelegten Lüge, man gründe eine "Qualitätszeitung", massiv unterstützte. So manchem Journalisten und mancher Journalistin wird jetzt die "Schere im Kopf" weniger zu schaffen machen. Geht es doch bei (fast) jeder künftigen Intervention um eine gute Sache.

Politisch bedeutet der "härteste Job des Landes" (O-Ton "Kurier") eine Machtverschiebung. Konrad wird sich nicht mit dekorativen Kompetenzen zufriedengeben. Er will im Flüchtlings- und Asylwesen faktisch etwas ändern. Das heißt erstens, er wird "Flüchtlingsminister", ohne an den Ministerratssitzungen teilzunehmen. Das heißt zweitens, die Berufung Konrads ist einer Teilentmachtung von Johanna Mikl-Leitner gleichzusetzen. Sowie einer Reduktion des Einflusses von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, was in den Überlegungen von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner sicher eine Rolle spielt.

Ob Konrad im Gewirr zwischen Bund, Ländern und Gemeinden tatsächlich etwas Spürbares ändern kann, bleibt abzuwarten. (Gerfried Sperl, 25.8.2015)