Wien/Kabul/Bagdad – Dramatische Szenen haben sich am Samstagvormittag auf der S1 in Fahrtrichtung Vösendorf abgespielt. Wiener Polizisten gaben bei der Verfolgung zweier mutmaßlicher Schlepper einen Schreckschuss in den Boden ab, das Duo entkam zunächst. Laut Polizeisprecher Patrick Maierhofer wurden die 33 und 38 Jahre alten Männer später aber gestoppt. Im Kastenwagen der beiden fanden die Beamten 22 Menschen.

Die Polizisten waren auf der S1 in Richtung Süden unterwegs, als ihnen der rote Ford Transit mit ungarischem Kennzeichen nicht zuletzt wegen seines schlechten Zustandes auffiel. Sie setzten sich vor den Wagen und wollten ihn bis zur Ausfahrt Leopoldsdorf lotsen, um ihn dort zu kontrollieren. Maierhofer zufolge legte der Lenker allerdings mitten auf der S1 eine Vollbremsung hin und sprang aus dem Kastenwagen, ebenso sein Beifahrer.

Die beiden Männer flüchteten über die Fahrbahn, eine Betonleitwand und versuchten sich in ein angrenzendes Feld abzusetzen. Die Polizisten verfolgten sie, einer der Beamten gab schon auf einer Grünfläche einen Schreckschuss in das Erdreich ab. Die Verdächtigen ließen sich davon aber nicht beeindrucken und versuchten, über einen Wildschutzzaun zu entkommen.

Fehlender Schuh überführte Flüchtigen

Ein Polizist bekam einen der mutmaßlichen Schlepper am Fuß zu fassen und zog ihm einen Schuh aus. Die Verdächtigen entkamen aber zunächst, weil sich die Beamten entschieden, den mitten auf der S1 abgestellten Kastenwagen zu sichern. Über Funk gaben sie eine genaue Personsbeschreibung der Flüchtigen durch und erwähnten auch den fehlenden Schuh. Nicht zuletzt deshalb gelang es ihren Kollegen – mittlerweile waren auch Polizisten aus Niederösterreich an der Suche beteiligt -, die Verdächtigen festzunehmen.

Im Kastenwagen entdeckten die Beamten unterdessen 22 Flüchtlinge. 19 von ihnen, darunter neun Kinder im Alter von zwei bis 14 Jahren, kamen aus Afghanistan, drei weitere aus dem Irak. Alle stellten Asylanträge und wurden in Bundesbetreuung genommen. Laut Maierhofer hatten die mutmaßlichen Schlepper im Laderaum ein Seil gespannt, damit die Tür verschlossen blieb. Die zusammengepferchten Flüchtlinge hätten sich also nur schwer selbst aus dem Wagen befreien können. Die Polizisten schnitten das Seil durch und befreiten die Asylwerber.

Die beiden aus Ungarn stammenden Verdächtigen gaben sich bei den Einvernahmen sehr schweigsam. Sie gaben auch nicht an, wo sie die Flüchtlinge übernommen hatten.

Schlepper auch in Oberösterreich aufgehalten

Auch in Oberösterreich ist am Samstag ein Schlepper mit seinem Klein-Lkw bei einer Verkehrskontrolle vor der Polizei geflüchtet. Als die Beamten den Mann gegen 9.00 Uhr anhalten wollten, gab der Lenker Gas. Auf der Welser Autobahn (A 25) gelang es den Beamten aber nach kurzer Verfolgungsjagd, den Kastenwagen anzuhalten. Dabei fuhr der Schlepper gegen ein Polizeiauto und beschädigte es schwer.

Der Mann gelang es zunächst, aus dem Wagen zu springen und von der Autobahn in ein Feld zu flüchten. Er konnte aber kurz darauf von der Polizei gefasst werden. Im Wagen fanden sich 20 Flüchtlinge, sie blieben bei dem Vorfall unverletzt. Aus welchen Ländern sie stammen, stand laut Auskunft einer Polizeisprecherin am Sonntagnachmittag noch nicht fest.

Mit gleich 38 Flüchtlingen in seinem Klein-Lkw hatte am Sonntag zugleich ein unbekannter Schlepper eine Reifenpanne auf der Innkreisautobahn (A8). Im Gemeindegebiet von Pichl bei Wels fuhr der Lenker das Fahrzeug noch auf den Pannenstreifen. Beim Eintreffen einer Polizeistreife der Autobahnpolizeiinspektion Wels flüchtete der Mann sofort zu Fuß in das Gebüsch und weiter in ein Maisfeld. Eine sofort eingeleitete Fahndung mit Polizeihunden verlief negativ. Die vom Schlepper transportierten Menschen aus dem Irak, Iran, Afghanistan und Syrien wurden in das Polizeianhaltezentrum Linz gebracht.

Unterdessen wurden ebenfalls am Samstag am Westbahnhof in Wien rund 80 Flüchtlinge in einem Zug gestoppt.

Unfall in Bayern

Bevor er gefasst werden konnte, hat ein Schlepper in Bayern eine Gruppe Flüchtlinge an der Straße bei Kirchham im Landkreis Passau abgesetzt. Eine Autofahrerin hat die Gruppe übersehen und erfasst, dabei wurden fünf Menschen verletzt. Einer der Männer schwebte nach dem Unfall in Lebensgefahr. Unter den 14 Menschen aus Syrien waren drei Kinder, die aber unverletzt blieben. Die 19-jährige Autofahrerin erlitt einen Schock.

Ersten Erkenntnissen der Polizei zufolge wollte die Frau Sonntag früh an den auf der Fahrbahn gehenden Flüchtlingen vorbeifahren. Sie bremste demnach ihren Wagen ab, geriet dabei aber ins Schleudern.

Die Flüchtlinge waren zuvor an der Staatsstraße zwischen Bad Füssing und Kirchham von einem Schleuser abgesetzt worden. Wo genau, war zunächst unklar, wie ein Polizeisprecher sagte. Von dem Schlepper fehlte jede Spur. Der Unfallort liegt nur wenige Kilometer von der Grenze zu Österreich entfernt. Die Flüchtlinge wurden später in die Erstaufnahmeeinrichtung nach Passau gebracht.

Die junge Frau hatte vor dem Unfall Freunde nach Hause gefahren und war auf dem Heimweg. Sie saß allein im Wagen und war nicht betrunken. (APA, 23.8.2015)