Berlin/Brüssel – In der anhaltenden Debatte über Transparenz beim umstrittenen transatlantischen Handelsabkommen TTIP macht die EU-Kommission neue Zugeständnisse.

Das Gremium werde "von nun an detaillierte und umfassende Berichte über die Verhandlungen" auf seiner Internetseite veröffentlichen, schrieb EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström am Freitag in ihrem Blog, wie die Vertretung der Kommission in Deutschland mitteilte. Die Berichte würden in allen EU-Amtssprachen zur Verfügung gestellt, also auch auf Deutsch.

Hintergrund der Entscheidung ist laut Malmström die jüngste "Konfusion" in der Angelegenheit. Sie bezog sich damit auf einen Brief des deutschen Wirtschaftsministers Sigmar Gabriel (SPD), in dem dieser kritisierte, dass die EU-Kommission den jüngsten TTIP-Verhandlungsbericht nicht wie sonst üblich schriftlich an die Mitgliedstaaten übermittelt hatte. Stattdessen war der Bericht lediglich in einem Leseraum einsehbar. Gabriel sprach in dem Brief, den die Rechercheplattform "Correctiv" veröffentlichte, von einem "sehr bedauerlichen Rückschritt in unseren gemeinsamen Bemühungen um größtmögliche Transparenz".

Malmström erklärte hingegen in ihrem Blog, es handle sich bei dem kritisierten Vorgang nicht um neue Restriktionen. Vielmehr sei es eine "vorübergehende Entscheidung" gewesen, "damit wir in der Zwischenzeit überlegen können, wie wir ein Minimum an Vertraulichkeit sicherstellen für ein Dokument, das unsere internen Diskussionen und taktischen Erwägungen wiedergibt". Zuvor waren vertrauliche Verhandlungsdokumente im Internet veröffentlicht worden.

Die Entscheidung, den jüngsten Bericht nur in einem Leseraum auszulegen, "scheint unnötige Verwirrung gestiftet zu haben", schrieb Malmström. Um künftig "Missverständnisse" zu vermeiden, würden detaillierte Berichte im Netz veröffentlicht.

Bisher sind bestimmte TTIP-Unterlagen nur Regierungsvertretern der EU-Mitgliedstaaten und Europaabgeordneten zugänglich. Derzeit laufen Gespräche über die Einrichtung einer sicheren Datenbank, über die nationale Parlamentsmitglieder Zugang zu weiteren Texten erhalten können, wie aus Gabriels Brief an Malmström hervorgeht. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte am Freitag in Berlin, die Bundesregierung setze sich dafür ein, den Zugang der Abgeordneten zu TTIP-Unterlagen zu verbessern.

Die Frage der Transparenz begleitet die Gespräche über das umstrittene Handelsabkommen zwischen der EU und den USA von Anfang an. Nach heftiger Kritik unter anderem von TTIP-kritischen Gruppen und aus dem Europaparlament versprach die neue EU-Kommission unter Jean-Claude Juncker mehr Offenheit. Seit Anfang des Jahres stellt die Kommission Unterlagen zu den Verhandlungen ins Internet. Allerdings sind dort Textvorschläge nur von der EU-Seite verfügbar, nicht von den USA.

Für Einsicht in sogenannte konsolidierte Verhandlungsdokumente zu TTIP wurde in der US-Botschaft in Berlin ein Leseraum eingerichtet. Dort können Textvorschläge der EU und der USA sowie Änderungsvorschläge für die Verhandlungen gelesen werden. Zutritt haben aber nur Regierungsvertreter, keine Bundestagsabgeordneten. (APA, 21.8.2015)