Von der "Kronen Zeitung" angehimmelt zu werden hat auf Dauer noch keinem gutgetan, der sein Glück in der Politik versuchte und dabei auf der Blattlinie wandelte. Am längsten hat noch Jörg Haider als Ziehsohn des alten Dichand durchgehalten, aber weder Hans-Peter Martin noch Frank Stronach konnten letztlich die Erwartungen erfüllen, die da in sie gesetzt worden waren. Aber sie sind wenigstens noch am Leben, wenn stimmt, was man von ihnen hört. Grund genug, sich Sorgen um Strache zu machen. Nicht nur, dass habituelle Ausländerfeindlichkeit allmählich ihre Spuren in seinem Antlitz hinterlässt, sollte es nicht das Alter sein – (nicht erst) jetzt muss er erdulden, dass die "Krone" auch an ihm einen Narren gefressen hat.

Strache will weltoffen sein, atmete man in dem Blatt, dessen Weltoffenheit auf jeder Seite sprichwörtlich ist, Dienstag nach dessen Sommergespräch mit einem ORF-Redakteur auf. Mehrmals betonte Strache, dass er weltoffen sei, ebenso wie die Stadt, deren Bürgermeister er werden will. Diese Betonung der Weltoffenheit war offenbar erforderlich, weil er mit derlei in der Stadt, deren Bürgermeister er werden will, bisher eher nicht aufgefallen ist. Sollten nachlesende Anhänger damit verschreckt worden sein, kam die Beruhigung umgehend: Doch die Aussagen zu Asyl und Migranten waren dann doch die alt bekannten, und die würde nicht einmal ein Kickl in Weltoffenheit drehen. Nein, und Heinz-Christian Strache gab sich betont gut gelaunt, gelassen und ruhig.

In der Nachbehandlung des Ereignisses durch einen Innenpolitiker des Blattes am Donnerstag war von alldem nicht mehr die Rede, vor allem der Ausrutscher mit der Weltoffenheit war getilgt. Wie er, Strache, – gut vorbereitet – den Fragesteller mit Wortkaskaden überfällt, grenzt an Unfairness. Nichts mehr von gut gelaunt, gelassen und ruhig, aber dafür umso begeisterter: Nicht umsonst ist das Hinhauen auf die rot-schwarze Regierung im Bund und Rot-Grün in Wien derzeit Modesport Nr. 1. Wo man hinkommt, wird gelästert, und Strache redet den Leuten nach dem Mund.

Damit hat er sich die Bewunderung eines Blattes, das davon lebt, den Leuten nach dem Mund zu reden, verdient. Umso lächerlicher die gestrigen Versuche diverser Medien, Strache und die FPÖ herunterzumachen. Das wäre ja noch schöner und überdies zwecklos, denn auch gegen Haider wurden "Rezepte" gesucht, und dann landete dessen FPÖ bei der Nationalratswahl zur Jahrtausendwende mit 27 % Wähleranteil auf Platz 2.

"Nagelprobe"

Eine selige Erinnerung, die sich leider rasch eintrübt. Was dann folgte, war allerdings Chaos pur, weil sich die FPÖ allein vom Personal her und auch sonst als nicht regierungsfähig entpuppte. Daran hat sich bis heute nicht ein Jota geändert, aber für die "Krone" stirbt die Hoffnung zuletzt. Die Nagelprobe wird sein, welches Team Strache präsentieren kann, denn nur groß reden und wieder einen Polit-Bauchfleck machen, kann für Land und Leute ordentlich ins Auge gehen. Von der Metaphorik des ins Auge gehenden Polit-Bauchflecks einmal abgesehen, könnte Land und Leuten kaum Besseres widerfahren.

Man muss sich aber keine Sorgen machen, der Anfall von Weltoffenheit, den die "Krone" an Strache diagnostizierte, wäre allein dessen Problem und hätte nichts mit seinen Einbläsern zu tun. Man muss die Welt nur klein genug fassen, um sich der Offenheit so hingeben zu können, wie Andreas Mölzer es in "Zur Zeit" regelmäßig tut. Zuletzt maßregelte er den oststeirischen Pfarrer, der örtliche Protestierer gegen die Aufnahme von Flüchtlingen mit Einsatz seiner Kirchenglocken zu läutern versuchte. Hat er sich irgendwann einmal überlegt, so Mölzer, was er und seinesgleichen der autochthonen österreichischen Bevölkerung antun, wenn er die schrankenlose Zuwanderung durch Wirtschaftsflüchtlinge und Scheinasylanten befördert, indem man jede Protestaktion der autochthonen Bevölkerung als unmenschlich abqualifiziert?

Die Frage wäre einer Antwort wert, aber Mölzer ist gehemmt. Er tut sich schwer, weil er das eigentlich gemeinte rassenreine Ariertum der Oststeiermark vor dem Griff der Kirche zum Glockenseil retten will, dabei aber aus Gründen freiheitlicher Weltoffenheit zu einem so undeutschen Begriff wie autochthon greifen muss. Dabei ist seine Sorge angesichts der Gutmenschen, denen alles am Herzen liegt, nur nicht das Wohl der angestammten Österreicher groß. Denn was ist der angestammte Österreicher von heute anderes als ein Scheinasylant von gestern? (Günter Traxler, 22.8.2015)