Die Zahlen sind auf den ersten Blick apokalyptisch. Deutschland rechnet für dieses Jahr mit 800.000 Flüchtlingen/Asylwerbern (zu Jahresanfang lautete die Prognose noch 300.000). Österreich mit 80.000. Jeden Tag gibt es neue Bilder: Flüchtlinge dicht gedrängt in Schlauchbooten im Mittelmeer, Flüchtlinge an der griechisch-mazedonischen Grenze, die sich in Züge quetschen, Flüchtlinge, die auf Österreichs Autobahn herumwandern, Flüchtlinge in Traiskirchen unter freiem Himmel.

Wie lange geht das? Wie viele noch? Halten wir das aus? In den sozialen Medien und auf den Weltverschwörungsseiten werden schon Horrorrechnungen herumgereicht: 2050 stünden 707 Mio. Europäern rund 2,4 Milliarden Afrikaner gegenüber. Sie würden uns überschwemmen, eine "neue Völkerwanderung" sei im Gange, heißt es.

Das Erste, was man über Projektionen und Prognosen wissen muss, die Jahrzehnte in die Zukunft reichen, ist, dass sie sich fast immer als falsch herausstellen.

Wer linear aus der Vergangenheit extrapoliert, vergisst, dass es regelmäßig unvorhersehbare Entwicklungen gibt, die alles über den Haufen werfen. Erinnert sich noch jemand an die hysterischen Prognosen, nach dem Zusammenbruch des Kommunismus würden Abermillionen Osteuropäer kommen?

Es werden keine Milliarden Afrikaner kommen. Ein paar Millionen aus Schwarzafrika, Nordafrika und dem Nahen Osten, das schon. Aber man kann das mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen durchaus in den Griff bekommen.

Zunächst muss man sich die Zahlen genau ansehen. In der ersten Hälfte des Jahres kamen die Asylwerber in Europa überwiegend selber aus Europa, konkret vom Balkan. Das sind wirklich "Wirtschaftsflüchtlinge". Da gibt es aber keinen Anspruch auf Asyl. Die Anträge aus diesem Raum gehen jedoch rapide zurück, weil die Schlepperorganisationen, die in den Dörfern des Balkans regelrechte Werbeaktionen betrieben, keine leichtgläubige Kundschaft mehr finden.

Inzwischen verlagert sich das Geschehen auf echte Kriegsflüchtlinge, vor allem aus Syrien, dem Irak, Pakistan und Afghanistan bzw. aus gescheiterten afrikanischen Staaten wie Eritrea oder Somalia.

Die Wahrheit ist: Europa fliegen die Trümmer der explodierenden muslimischen Staatenwelt um die Ohren. Es sind ganz überwiegend Flüchtlinge aus muslimischen Staaten, in denen der größte Bürgerkrieg der Neuzeit – der innermuslimische – wütet. Das ist eine Realität, die man erst einmal begreifen muss.

Müssen wir die auch alle aufnehmen? Nein, denn das ist unmöglich. Aber wir müssen, mit denen, die es mit ungeheurem Leidensdruck hierher schaffen, realistisch umgehen. Das heißt: den bürokratischen Pallawatsch, der derzeit herrscht, umgehend beenden; für eine möglichst friktionslose Eingliederung auf Zeit –oder in manchen Fällen auf Dauer – sorgen. Viele werden, wenn der Krieg in ihrer Heimat zu Ende ist, zurückgehen. Kann man die anderen nicht hinausschmeißen? Bitte, wohin, Herr Strache? Man kann sie allerdings besser verteilen, innerösterreichisch und innereuropäisch. Das geht nicht, weil die EU so uneinig ist? Das wird gehen, denn der Jahrhundertbürgerkrieg in unserer Nähe wird es erzwingen.

Europa wird auch das schaffen, so wie es andere Herausforderungen geschafft hat.(Hans Rauscher, 21.8.2015)