Im griechischen Parlament spalteten sich am Freitagvormittag 25 Abgeordnete von der Syriza-Partei ab.

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Unter der Führung von Ex-Energieminister Panagiotis Lafazanis wurde die neue Gruppe "Laiki Enotita" (Volkseinheit) gegründet.

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Viel Platz auf der linken Seite. Alexis Tsipras will, dass die Griechen entscheiden und wählen gehen.

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Griechenland hat schon ruhigere Sommer erlebt. Kaum war der dritte Rettungskredit nach dramatischen Wochen unter Dach und Fach, verkündete Alexis Tsipras am Donnerstagabend seinen Rücktritt. Die Griechen sollen noch einmal wählen, und das schnell: Am 20. September, in einem Monat, will der linke Regierungschef nach kaum einem halben Jahr im Amt ein neues Votum haben.

Zunächst hat Tsipras aber mit Tumulten in den eigenen Reihen zu kämpfen: Im Parlament haben 25 Abgeordnete des linken Flügels seiner Syriza-Partei am Freitagvormittag eine eigenständige Parlamentsgruppe gebildet. Angeführt wird "Laiki Enotita" (Volkseinheit) vom ehemaligen Energieminister Panagiotis Lafazanis. Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis ist nicht Teil der abgespalteten Gruppe.

Regierungsbildungsversuch der Konservativen

Tsipras' Plan für rasche Neuwahlen könnte außerdem von der Nea Dimokratia (ND) durchkreuzt werden: Evangelos Meimarakis, Interimsvorsitzender der konservativen früheren Regierungspartei seit dem Rücktritt von Ex-Premier Antonis Samaras, will den Spielraum ausschöpfen, den die Verfassung ihm gibt. Er erhielt als Chef der zweitstärksten Parlamentspartei um Mitternacht das Mandat zu einer Regierungsbildung. Möglicherweise auch mithilfe der Faschisten, wurde in der Nacht auf Freitag in Athen spekuliert. Doch die Stimmen reichen nicht.

Tsipras war zuvor zurückgetreten. Die Griechen sollten entscheiden über "all das, was ich gemacht habe", versicherte der 41-Jährige dick geschminkt und treuherzig in seiner kurzen Fernsehansprache am Donnerstagabend, die Augen auf den unsichtbaren Teleprompter gerichtet, wo der Redetext stand.

Gespaltene Syriza

Doch das ist nur die halbe Wahrheit. "Die Regierung hat keine Mehrheit mehr. Das kann niemand ignorieren", hatte Panos Skourletis, der Minister für Energie, Umwelt und Wiederaufbau, früher am Tag im Staatsfernsehen ERT eingeräumt. Mehr als ein Viertel der Parlamentsfraktion von Syriza, des regierenden linksradikalen Kleinparteienbündnisses, versagte dem Premier zuletzt die Gefolgschaft.

Das Kreditabkommen mit den Gläubigern, die neuen Steuererhöhungen und Pensionskürzungen, die Wiederaufnahme der Privatisierungen – alles das komplette Gegenteil der Wahlversprechen und der Reden, mit denen die Partei vor die Griechen getreten war und im Jänner ihren historischen Wahlsieg errungen hatte. Syriza ist seither gespalten. Mit der vorgezogenen Parlamentswahl im nächsten Monat will Tsipras sie auf den neuen Kurs bringen. Die Griechen müssen also noch einmal an die Urnen, weil der Regierungschef ein Problem mit seiner eigenen Partei hat. "Ich will völlig ehrlich sein", sagte Tsipras den Griechen am Donnerstagabend. "Wir haben nicht das Abkommen erreicht, das wir wollten."

Übergangsregierung

Wie schon 2012 wird eine Übergangsregierung aus Verwaltungsbeamten das Land für vier Wochen führen. Interimspremier wird dann die Vorsitzende des Verfassungsgerichts, Vassiliki Thanou-Christofilou. Doch zuvor hat ND-Chef Meimarakis drei Tage Zeit für Sondierungen. Zusammen mit der sozialistischen Pasok und der liberalen Bürgerbewegung To Potami käme er nur auf 106 Stimmen im Parlament; könnte er auch Tsipras' rechtspopulistischen Koalitionspartner Anel (Unabhängige Griechen) überreden – was unwahrscheinlich ist –, hätte er vielleicht 13 weitere Sitze.

Doch selbst mit Unterstützung der Faschisten von der Goldenen Morgenröte würde es nicht für die Mehrheit zum Regieren von mindestens 151 Sitzen reichen; allenfalls für eine ebenfalls sehr unwahrscheinliche Minderheitsregierung. Die Faschisten sind mit 6,9 Prozent der Stimmen und 17 Mandaten die drittstärkste Kraft im Parlament, knapp vor To Potami (6,1 Prozent und ebenfalls 17 Mandate).

Faschisten könnten sondieren

Schöpfen Meimarakis und danach gar Nikolaos Michaloliakos, der unter Hausarrest stehende Chef der Faschisten, ihre Mandate für eine Regierungsbildung voll aus, könnte aber der Wahltermin 20. September, den Tsipras sich wünscht, wackeln. Möglicherweise könnte sogar die von der Syriza abgespaltenen "Volkseinheit" das Mandat zur Regierungsbildung erhalten.

Umfragen bescheinigen Tsipras trotz der spektakulären Kehrtwenden weiter Popularität. Syriza konnte bisher mit rund 30 Prozent der Stimmen oder mehr rechnen. Wie sich eine Spaltung der Partei auf die Wähler auswirken würde, ist allerdings noch nicht klar. In seiner Fernsehansprache attackierte Tsipras seine parteiinternen Gegner. Sie würden die erste richtige linke Regierung in Griechenland untergraben, sagte er. (Markus Bernath, 21.8.2015)