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Die Auslandsbüros sollen die Schönheiten von Wien wie das Riesenrad kommunizieren – und die Stadt als Wirtschaftsstandort positionieren. Der Bürobetreiber erhielt für zehn Jahre 146 Millionen Euro.

Foto: AP/Strauss

Wien – 146 Millionen Euro für zehn Jahre: So viel erhielt der SPÖ-nahe Compress-Verlag von der Stadt Wien für einen Zehnjahresvertrag. Dieser wurde 2005 unterschrieben. Mit dem Geld betreibt der private Compress-Verlag laut der Stadt elf Verbindungsbüros in Mittel-, Süd- und Osteuropa mit dem Ziel, Wien als attraktiven Wirtschaftsstandort zu positionieren.

Der Vertrag läuft Ende des Jahres aus. Das trifft sich für die Wiener SPÖ insofern gut, weil die Sozialdemokraten die Auslandskommunikation künftig nicht mehr über ein privates Unternehmen, sondern über die stadteigene Wien-Holding durchführen wollen. Mit der Arbeit des Compress-Verlags zeigte man sich aber sehr zufrieden: Er sollte um einen Euro von der Stadt übernommen und in die Wien-Holding eingegliedert werden.

40 Millionen Euro versickert

Der grüne Koalitionspartner legt sich gegen dieses Vorhaben aber quer und will der Übernahme laut Presse nicht zustimmen. "Die gewählte Konstruktion begünstigt Freunderlwirtschaft und versteckte Parteienfinanzierung. Meines Erachtens sind mehr als 40 Millionen Euro in den vergangenen zehn Jahren einfach versickert", sagte der grüne Budgetsprecher Martin Margulies. Margulies fordert einen Einblick in die Bücher – "um sicherzustellen, dass es nicht zu einer versteckten Parteienfinanzierung gekommen ist" – und eine deutliche Reduktion der bisherigen Kosten.

Schon 2005 hatten die Grünen, damals noch in Opposition, den Vertrag mit Compress sowie auch mit dem Bohmann-Verlag (115 Millionen Euro für Eigenwerbung der Stadt Wien) als "dubiose Millionendeals" kritisiert. Compress erhielt den Zuschlag als einziger Bewerber. Der Verlängerung des Vertrags mit dem Bohmann-Verlag um weitere 133 Millionen Euro für acht Jahre Eigenwerbung und PR stimmten die Grünen 2013 in Regierungsbeteiligung aber zu.

SPÖ lobt Zusammenarbeit

Die SPÖ verteidigt die Zusammenarbeit mit Compress. "Sowohl die Ausschreibung als auch der laufende Vertrag mit der Firma Compress wurden korrekt abgewickelt", sagte SPÖ-Klubchef Rudolf Schicker. Er erinnerte in einer Aussendung auch daran, dass die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou die "hervorragenden Kontakte" der Wiener Auslandsbüros durchaus zu nutzen wusste, etwa bei der Fahrradkonferenz Velo-City. Jetzt seien 80 Arbeitsplätze gefährdet.

Laut dem zuständigen Stadtrat Christian Oxonitsch (SPÖ) könnten die Kosten der Büros bei der Übernahme des Compress-Verlags durch die Wien-Holding um jährlich rund fünf Millionen Euro verringert werden. 9,5 Millionen Euro statt bisher 14,6 seien eine realistische Zielvorgabe, heißt es aus seinem Büro zum STANDARD. Für einen "billigen Wahlkampf-Gag" würden die Grünen 80 Mitarbeiter in Ungewissheit über ihre Arbeitsplätze lassen.

FPÖ fordert genaue Prüfung

Die Opposition sieht sich hingegen in ihrer kritischen Haltung zum Compress-Deal bestätigt. Schon die Beauftragung 2005 sei intransparent gewesen, sagte ÖVP-Landesparteichef Manfred Juraczka. FPÖ-Klubchef Johann Gudenus fordert vor der Übernahme eine genaue Prüfung des Compress-Verlags durch die Wien-Holding. (krud, 20.8.2015)