Christopher Maltman (Oreste), Rolando Villazón (Pylade).

Foto: Salzburger Festspiele / Monika Rittershaus

Salzburg – Greller geht's nicht: Hellst erleuchtet ist die rostige Unterkunft; und als Quelle dient kein wärmendes Sonnenlicht. Iphigenie und ihre zerknirschten Damen scheinen in einer Beobachtungskammer festgesetzt, deren Kunstlicht als Waffe gegen den Schlaf dient. Nach angenehmer Träumerei ist Iphigenie allerdings ohnedies nicht zumute. Als Gefangene des Skythenkönigs Thoas (als polternder Businessman um Nuancen zu imposant Michael Kraus) zu Menschenopferdiensten verdonnert, wirkt Iphigenie wie in einer Mikrowelle der Albträume gefangen.

In diesem trostlosen Ambiente mit ein paar kargen Betten gedeihen folglich nur Angst, Schuld und Todessehnsucht. Selbst die ziemlich besten Freunde, Orest und Pylade, geraten brutal aneinander, als es um die Klärung geht, wer von beiden sich opfern soll. Iphigenies Messer wartet.

Moshe Leiser und Patrice Caurier, die Regisseure dieser von den Pfingstfestspielen übernommenen Produktion, bieten bei ihrer Version von Glucks Iphigénie en Tauride also fürs Auge wenig Erbauliches (Bühnenbild: Christian Fenouillat) – nur am Schluss wird ein bisschen durchgelüftet: Es tritt auf die göttliche Diana, von Kopf bis Fuß vergoldet (delikat Rebeca Olvera). Auch sie bringt aber kein Happy End; gebrochen sind Iphigenie und Bruder Oreste.

Subtile Intensität

Im Grunde will das Regieduo durch das asketisch-harte Ambiente die Befindlichkeiten der Figuren verdichten. Und diese tendieren imposant ins Düstere – besonders bei Christopher Maltman als Oreste: Dieser im Dramatischen wie im Verinnerlichten kultiviert tönende Bariton dosiert seine Präsenz intelligent, erreicht gerade dadurch aber subtile Intensität – ob er nun mit Selbstmord droht oder nackt der Opferung entgegenzittert.

Cecilia Bartoli (als Iphigénie) ist an seiner Seite die gewohnt engagierte Sängerdarstellerin. Schade nur (bedenkt man, zu welch Nuancen und Farbschattierungen diese Stimme fähig wäre), dass bei ihr Impulsivität immer in Verbindung mit recht markantem Vibrato auftreten muss.

Sehr respektabel neben diesen beiden Könnern Rolando Villazón als Pylade. Keinerlei gestische und vokale Übertreibung, zumeist klare Linien und schlanke Töne. Immer aber verfügt Villazón über die nötige Innenspannung, um darstellerisch zu bereichern.

Drumherum? Etwas unausgewogen zu Beginn der Coro della Radiotelevisione Svizzera, fulminant I Barocchisti. Unter der Leitung von Diego Fasolis wirkte das historisch informierte Tun mit seiner seidenpapiergleichen Klangnoblesse nie harmlos, wenn es um Akzentuierungen und Kommentare ging. Einige Buhs für die Regie, die jedoch vom Applaus in Schutz genommen wurde. (Ljubiša Tošić, 20.8.2015)